Analyse

Diese Enthüllung schadet Trump

Können die Aussagen gegenüber dem Journalisten Bob Woodward Trump die Wiederwahl kosten?
Können die Aussagen gegenüber dem Journalisten Bob Woodward Trump die Wiederwahl kosten?REUTERS
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Der US-Präsident hat die Coronarisken bewusst heruntergespielt. Können ihn die Aussagen gegenüber dem Journalisten Bob Woodward die Wiederwahl kosten?

New York. Am Tag danach war Schadensbegrenzung angesagt. Bei einer Rallye in Michigan und im Interview auf Fox News versuchte der Präsident die neuesten Enthüllungen zu seinen Fehlern in der Coronakrise zu entkräften. Zuvor hatten US-Medien Auszüge aus Bob Woodwards Buch „Rage“ publiziert. Demnach hatte Trump bereits im Februar von den dramatischen Folgen des Virus gewusst und die Gefahr für die Bevölkerung bewusst heruntergespielt.

Im Gegensatz zu den vielen anderen Enthüllungsbüchern, die oft anonyme Quellen zitieren oder von entlassenen Mitarbeitern Trumps geschrieben wurden, könnte sich das jüngste Werk des bei der „Washington Post“ arbeitenden Woodward tatsächlich negativ auf Trumps Chancen bei der Wahl im November auswirken. Denn der Journalist zitiert einfach nur Trump, der ihm insgesamt 18 Interviews gewährte und sich dabei aus unerklärlichen Gründen selbst in die Ecke manövrierte.

„Will keine Panik erzeugen“

Das Coronavirus sei „tödlicher als die schlimmste Grippe“, sagte der Präsident demnach bereits im Februar. Diese Aussage schlägt sich mit Trumps öffentlichen Kommentaren, in denen er das Virus immer wieder mit der Grippe verglich und behauptete, dass es schon bald verschwinden werde.

Wenige Wochen später, Mitte März, erklärte er Woodward schließlich: „Ich wollte es immer herunterspielen. Ich spiele es immer noch gern herunter, weil ich keine Panik erzeugen möchte.“

190.000 Menschen starben in den USA bisher an den Folgen von Covid-19. Mit seinen Aussagen gegenüber Woodward lieferte der Präsident dem Gegner Munition. „Er hat wissentlich über die Bedrohung für eine ganze Nation gelogen“, sagte sein Herausforderer, Joe Biden. „Das ist ein Verrat am amerikanischen Volk, auf Leben und Tod.“ Der Demokrat liegt in Umfragen vor Trump, auch in den wahlentscheidenden Swing States hat er derzeit die Nase vorn.

Trotzdem: Noch ist es zu früh, um Trump abzuschreiben. Die heiße Phase des Wahlkampfs hat erst begonnen, bis zum Termin am 3. November kann noch viel passieren. Der Präsident baut auf die rasche Entwicklung eines Impfstoffs sowie ein rasantes Konjunkturwachstum im dritten Quartal.

Woodwards Enthüllungen stellt er als Attacke auf ihn dar. Der Journalist habe die Zitate monatelang zurückgehalten, um sie politisch auszuschlachten. Wenn die Aussagen „so schlecht und gefährlich waren, warum hat er sie dann nicht sofort veröffentlicht, um Leben zu retten“, twitterte Trump.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2020)

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