Wien-Wahl

"Wirklich übelst": Grüner Wahlkampfauftakt in Wien im Zeichen von Moria

Spitzenkandidatin Birgit Hebein betont, sie finde die Diskussion "wirklich übelst".
Spitzenkandidatin Birgit Hebein betont, sie finde die Diskussion "wirklich übelst".(c) APA (Hans Punz)
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Grünen-Chefin Birgit Hebein attackiert die ÖVP. Die Partei verzichte für 100 Stimmen, die sie von der FPÖ erhalte, darauf, 100 Leben zu retten.

Der Wahlkampfauftakt der Wiener Grünen für die Wien-Wahl am 11. Oktober stand am Samstagabend im Zeichen der Diskussion über das abgebrannte griechische Flüchtlingslager Moria. Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler versprach: "Wir werden auf Bundesebene nicht locker lassen.“ Auch von falschen Argumenten wolle man sich nicht von der Forderung abbringen lassen, Betroffene in Österreich aufzunehmen, beteuerte er. "Wir werden dranbleiben, dass der Menschlichkeit zum Durchbruch verholfen wird."

Auch die Wiener Grünenchefin und Spitzenkandidatin Birgit Hebein betonte, sie finde die Diskussion "wirklich übelst".

„Am Rande des Zynismus“

Den Start in den Intensivwahlkampf begingen die Grünen im Freud-Park vor der Votivkirche. Publikum war dabei zugelassen, wobei am Areal weitgehend Maskenpflicht herrschte und den laut Partei rund 250 Gästen Sitzplätze zugewiesen wurden. Die Frage der Flüchtlingsaufnahme stand im Zentrum der Reden der beiden Parteichefs Kogler und Hebein. Wobei auch mit Kritik an der ÖVP nicht gespart wurde.

"Was tun wir, wenn es bei Nachbarn brennt. Normalerweise ist es so, dass man hilft", gab Hebein zu bedenken. Es gehe um Menschen, die nun weniger als nichts hätten. "Leute, wo sind wir da hineingeraten", stellte die Wiener Spitzenkandidatin eine rhetorische Frage an die anwesenden Unterstützerinnen und Unterstützer. Helfen gehöre in Österreich zur Tradition, versicherte sie.

Sie zeigte sich verwundert, dass "diese türkise Partei" sich weder von der Bischofskonferenz, von der Caritas noch vom Koalitionspartner überzeugen lasse. "Mir reicht diese Diskussion, wir führen sie nur, weil wir Wiener Wahlkampf haben", zeigte sich Hebein überzeugt. Die ÖVP verzichte für 100 Stimmen, die sie von der FPÖ erhalte, darauf, 100 Leben zu retten. "Wir werden nicht lockerlassen", betonte sie.

Grünen-Chef Werner Kogler stieß sich vor allem an der Befürchtung, eine Aufnahme von Menschen aus Moria könne eine "Sogwirkung" erzeugen. "Diese Ansicht ist nicht nur falsch, sie ist auch am Rande des Zynismus", kritisierte er.

Kein Verständnis für „primitives Wien-Bashing“

Kogler versicherte heute auch, dass er kein Verständnis für das "lästige und eigentlich primitive Wien-Bashing" habe. Während die ÖVP Kritik einstecken musste, gab es für die SPÖ in Wien sogar - wenn auch verhaltenes - Lob. "Die SPÖ macht vieles richtig", konstatierte Kogler, der sogleich einschränkte, dass manches auch verzögert werde oder falsch gemacht werde. Er plädierte jedenfalls für eine Fortsetzung von Rot-Grün: "Es ist immer noch die beste Koalitionsform."

"Die SPÖ ist sehr bemüht", hielt auch Hebein fest. Viele Vereinbarungen etwa in Sachen Klimaschutz seien getroffen worden. Die SPÖ sei aber auch sehr geduldig und sorge sich etwa, dass beim Bau von Radwegen über den Wegfall von Autostellplätzen diskutiert werde. Hebein hob Errungenschaften der vergangenen Jahre hervor, die umgesetzt worden seien, weil die Grünen regieren würden, wie sie beteuert. Sie nannte etwa die Mindestsicherung für Kinder, die neue Bauordnung oder die Neugestaltung der Mariahilfer Straße.

Sie verwies auch auf aktuelle grüne Forderungen wie die 35-Stunden-Woche für Stadt-Bedienstete oder ein Gratis-Öffiticket. Auch die Vizebürgermeisterin zeigte sich überzeugt, dass eine Zusammenarbeit mit der SPÖ die bessere Variante sei. Bei einer Koalition von SPÖ und ÖVP würde man hingegen wieder in die Vergangenheit zurückgehen, in der viel zubetoniert worden sei, warnte sie. Und sie beteuerte: "Es geht um die Frage Menschlichkeit oder Meinungsumfragen. Liebe Leute, es geht um Platz zwei."

Grüner Bauhelm als Geschenk

Birgit Hebein durfte auch ein Präsent von Werner Kogler entgegennehmen: einen grünen Bauhelm. Denn sie habe schon bei so manchen Projekten selbst Hand angelegt, meint Kogler. Er vermute, dass sie jeden Bauarbeiter in Wien nun schon persönlich kenne. Der Vizekanzler war nicht der einzige aus der Regierungsriege: Auch die grünen Ministerinnen Leonore Gewessler (Umwelt) und Alma Zadic (Justiz) sowie Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober ließen sich das Auftaktevent nicht entgehen.

(APA)

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