Demonstration in Jerewan. Armenische Aktivisten fordern die internationale Anerkennung des von Armenien unterstützten, de facto eigenständigen Gebietes in Berg-Karabach.
Reportage

Berg-Karabach-Konflikt: „Im Kampf gegen Ankara geht es um unser Überleben“

In Armeniens Hauptstadt Jerewan rüstet man für die Entscheidungsschlacht. Dass Ankara dem Kriegsgegner Aserbaidschan hilft, weckt dunkle Erinnerungen an den Armenier-Genozid von 1915. Eine Reportage.

Die Schlange vor der Hämatologischen Klinik im Zaituner Stadtviertel von Jerewan reicht bis auf die Straße. Es sind weit über 100 Menschen, die sich anstellen, um für die Verletzten im umkämpften Berg-Karabach Blut zu spenden – auch wenn es Stunden dauert, bis sie an die Reihe kommen. „Wir wollen unserer Nation helfen“, erklärt der 57-jährige Armen stolz. „Es gibt keinen Armenier, der nicht mindestens ein Familienmitglied oder einen Freund in Berg-Karabach hat.“ Eine junge Frau, die mit ihrem zwei Monate alten Baby in der Tragetasche am Ende der Schlange steht, will ebenfalls etwas beitragen: „Alle Männer aus meiner Familie sind weg zum Kämpfen und nun ist es an mir, etwas Gutes zu tun.“

Eine andere Form des Engagements wählten die Freiwilligen am Platz der Republik, im Zentrum der armenischen Hauptstadt. Sie arbeiten dort an einer der vielen Sammelstationen, die zu Kriegsbeginn entstanden. Unter Zierbäumen stapeln sich die Spenden von Supermärkten, Bäckereien und Privatpersonen. In Kisten lagern Rasierschaum, Zangen und Medizin bis hin zu Kaffeedosen, Bettdecken und Waschpulver.

„Wir werden gewinnen“

„Das bringen Lastkraftwagen dann nach Berg-Karabach“, erklärt Juliet, eine der zahlreichen Helferinnen. „Das Land und seine Bewohner sind Teil unseres Herzens“, betont die 20-jährige angehende Zahnärztin mit einem verklärten Lächeln. Es herrscht Krieg, aber über dessen Ausgang macht sich Juliet keine Sorgen. „Wir werden gewinnen“, behauptet die junge Frau in ihrem Camouflage-T-Shirt kategorisch, als könne es daran keinen Zweifel geben. „Wir siegen einfach, ganz klar.“ Ihre Euphorie spiegelt sich in den handschriftlichen Botschaften wider, die auf einigen der Kisten kleben, die für Soldaten bestimmt sind. „Vielen Dank für alles und wir freuen uns auf eure Rückkehr“, ist da zu lesen. Auf einer Packung von Wasserflaschen steht nur „Lächle“.

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