Die Bewegungssteuerung, die einen klassischen Controller überflüssig machen soll, kommt etwa eine Woche nach den USA zu uns. Microsoft hofft auf neue Zielgruppen, will aber klassische Gamer nicht vernachlässigen.
Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft bringt Microsoft seine neue Bewegungs-Steuerung Kinect für die Spielkonsole Xbox 360 nach Österreich. Verkaufsstart ist der 10. November, der Preis beträgt 149 Euro (inklusive einem Spiel). Mit Konsole kostet der Spass 299 Euro, hieß es von Microsoft. In den USA kommt Kinect bereits am 4. November in den Handel. Das Unternehmen will damit vor allem neue Zielgruppen wie Frauen und Familien für Computerspiele begeistern, die bisher eher zum Konkurrenzprodukt Nintendo Wii griffen.
Microsoft hat auf der Spiele-Messe E3 2009 erstmals sein "Project Natal" vorgestellt, das bei der heurigen E3 auf Kinect umgetauft wurde. Konkret geht es um eine neuartige Bewegungssteuerung für die Spielkonsole Xbox 360. Im Gegensatz zur Konkurrenz von Nintendos Wii und Sonys PlayStation Move kommt lediglich der Körper zum Einsatz, zusätzliche Controller sind nicht mehr benötigt. DiePresse.com durfte sich bereits ansehen, ob und wie das funktioniert. Der Marktstart soll erst im November erfolgen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Zum Start im November sollen 15 Titel verfügbar sein. Einer davon kommt von Microsoft selbst und nennt sich "Kinect Adventures". Es ist unterteilt in diverse Minispiele. Hier versuchen etwa zwei Spieler, gemeinsam mit einem Schlauchboot einen Fluss entlangzufahren und dabei Medaillons aufzufangen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) In dieselbe Kerbe schlägt ein Spiel, bei dem man auf einem Schienengefährt einen Hindernisparkour absolvieren muss. Hier muss weniger gehüpft werden, dafür kommt es mehr auf das richtige Timing an. In der gezeigten Version gab es aber leider noch deutliche Verzögerungen zwischen der Aktion des Spielers und der Umsetzung derselben am Bildschirm. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Zwischendurch schießt Kinect bei besonders akrobatischen Aktionen Bilder, die man zum Beispiel direkt auf Facebook hochladen kann. Damit alle Freunde sehen können, wie man im Wohnzimmer herumhampelt. Für die Bewegungen braucht man auch viel Platz. Der Mindestabstand von der Kamera sollte 1,5 Meter betragen, optimal sind etwa 2,5 Meter. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Die dritte gezeigte Demo von Kinect Adventures war das schon 2009 unter dem Namen Ricochet gezeigte Ballspiel. Man setzt den ganzen Körper ein, um rote Bälle gegen Kisten am anderen Ende des Spielfelds zu schleudern. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Der bewegungstechnischen Kreativität sind hier kaum Grenzen gesetzt. So kann man den Ball auch mit einem kräftigen Kopfstoß (rechts im Bild) auf die Reise schicken. Diverse Kung-Fu-Einlagen sind auch möglich. Allerdings wird auch dieses Spiel von der spürbaren Latenzzeit geplagt. Zu zwei ist das Spiel sehr einfach, da die Körper der Spieler schon fast die gesamte Spielfläche abdecken. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Wer besonders gut war, darf nach den Minispielen eine Gruppe Avatare mit einer eigenen Choreografie in Schwung versetzen. Kinect nimmt dabei auch die Stimme und somit allfällige Jubelgesänge auf. Das Mikrofon könnte auch geeignet sein, um für das Partyspiel "Lips" genutzt zu werden. Ob das der Fall sein wird, verrät Microsoft aber noch nicht. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Etwas mehr an klassische Spieler richtet sich das Rennspiel "Joyride". Um seinen Wagen zu steuern, muss man beide Hände von sich strecken und ein lediglich in den eigenen Gedanken existierendes Lenkrad drehen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Um noch mehr Schwung in die Kurve zu legen, kann man seine Hüfte mitbewegen. In der Praxis ist das aber etwas ungewöhnlich. Einen Gegenstand zwischen den Händen, um das Lenkradgefühl besser zu erfahren, erkannte Kinect in der gezeigten Fassung nicht optimal. Man muss also mit leeren Händen fahren. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Um Sprünge durchzuführen, muss man das "Lenkrad" zu sich und nach hinten reißen. Zieht man die Hände schnell an die Brust und stößt sie nach vorne, schaltet sich ein Turbo Boost ein. In der Luft kann man diverse Stunts machen, wofür auch ein eigener Spielmodus existiert. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Im Internet kursieren Gerüchte, dass Kinect nicht von der Couch aus spielbar ist. DiePresse.com machte die Probe aufs Exempel, wobei sich zeigte, dass Joyride auch im Sitzen funktioniert, der Spielspaß aber nur eingeschränkt vorhanden ist. Die Körpererkennung klappt nicht optimal, ist aber bei diesem Spiel auch nicht wirklich darauf ausgelegt. Für die angekündigte Menüsteuerung per Handgesten, die Microsoft leider nicht präsentieren konnte, soll die Sitzposition aber funktionieren, versicherte der Hersteller. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Kuschelig wird es beim Start-Titel "Kinectimals". Die (vermutlich sehr jungen) Spieler können sich ein Haustier ihrer Wahl aussuchen und mit ihm virtuell Spielen. Auf den ersten Blick erinnert das an eine Mischung aus "Nintendogs" für die Nintendo DS und "EyePet" für Sonys PlayStation 3. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Natürlich will der putzige kleine Löwe auch gestreichelt werden. Wer aus unerfindlichen Gründen die Lust verspürt, das Tier quälen oder schlagen zu wollen, wird in seine Schranken gewiesen. Zu rasche Bewegungen werden nicht als Hieb interpretiert, genausowenig stirbt das Haustier, wenn man es etwa nicht füttert. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Dem kleinen Begleiter kann man auch eine Reihe an Tricks beibringen. Es hört auf Sprachkommandos und macht das nach, was der Spieler im vorzeigt. Die Stimmkontrolle war aber noch nicht für den österreichischen Raum fertig, daran arbeitet Microsoft bis zur Veröffentlichung noch. In allzu breitem Dialekt, wie etwa "heast, kumm umme" wird das aber vermutlich selbst in der lokalisierten Fassung nicht funktionieren. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Fortsetzung zum vorigen Bild: Das Kinectimal spielt schön brav totes Tier. Andere Bewegungen, die es nachmacht, sind Springen, Männchen oder auf einem Bein stehen. Letzteres führte aber eher dazu, dass der pelzige Begleiter stolperte. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Natürlich sollte ein Haustier (und dessen Halter) fit bleiben. Daher kann man damit auch einen Hindernisparkour absolvieren. Springen, Ducken, Balancieren und Laufen müssen zur richtigen Zeit korrekt durchgeführt werden. Wie schon die anderen Spiele hält also auch Kinectimals den Kreislauf auf Hochtouren. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Für Kinectimals wird es keinen Downloadable Content im klassischen Sinn geben. Dafür sollen Plüschtiere mit aufgedrucktem Code für Nachschub im heimischen Streichelzoo dienen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Sagte hier jemand Wii Sports (Resort)? Stimmt, dieses Spiel weckt Erinnerungen daran. Leichtathletik, Boxen, oder Bowling sind alle dabei. Letzteres kann sowohl mit der Linken als auch der rechten Hand bedient werden. Das Spiel erkennt sogar, wenn man der Kugel einen Drall mitgibt. Gerade hier macht sich der Mangel eines haptischen Feedbacks bemerkbar. Nur eine leere Hand zu bewegen bringt einfach kein richtiges Bowling-Feeling rüber. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Wer unbedingt das Gefühl haben möchte, wirklich eine Bowlingkugel zu schieben, kann einen Ersatzgegenstand in die Hand nehmen. Mangels echtem Gerät musste das Kinectimal-Plüschtier herhalten. Microsoft will aber lieber auf reine Handbedienung setzen. Man wolle vermeiden, dass Spieler sich etwa mit der echten Golfausrüstung ins Wohnzimmer stellen und echten Schaden anrichten, hieß es bei der Vorführung. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Einen möglichen Partyhit, der in die Fußstapfen von "Guitar Hero" und "Rock Band" treten könnte, haben Microsoft und Harmonix mit "Dance Central" auf die Beine gestellt. Zu den Hits von Lady Gaga, No Doubt oder den Beastie Boys gilt es, die richtigen Tanzbewegungen nachzumachen, die eine Truppe knackiger Computer-Mädels vorführt. Ein kleines Fenster zeigt die eigenen Bewegungen an, daneben sieht man, welche "Moves" man als nächstes machen muss. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Das macht durchaus Spaß, sofern man den Musik- und Tanzstil mag, und ist bei den aktuellen Temperaturen ganz schön schweißtreibend, wie man sieht. Auf Wunsch werden die Tanzbewegungen vorher einzeln gezeigt, damit man sie in Ruhe einstudieren kann, bevor es dann los geht. Das ist auch nötig, denn mit fortschreitendem Schwierigkeitsgrad werden die Tanzbewegungen sehr komplex. Mit genug Übung sieht das dann aber sehr gut aus, wie Entwicklerin Naoko Takamoto auf der E3 bewies. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Wie könnte es anders sein, wird es auch für dieses Bewegungssteuerungssystem ein Fitness-Spiel geben. Im Gegensatz zu bisherigen Versuchen wie "Wii Fit" oder "EA Sports Active" benötigt man aber keinerlei zusätzliche Ausrüstung. Damit die Bewegungen genau auf dem Bildschirm wiedergegeben werden, führt Kinect einen präzisen Scan des Spielers durch. Damit sollen auch alle Menüpunkte maximal auf Armlänge erreichbar sein. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Auch hier wird eine Bewegung vorgezeigt, die man nachmachen soll. Die Darstellung des Spielers ist dabei sehr detailliert, man sieht zum Beispiel auch Aufschriften auf T-Shirts. Nur das Gesicht lässt sich schwer ausmachen. Die Auflösung der Kameras betragen nur 640 x 480 Pixel, beziehungsweise 320 x 240 für die Infrarotmessung, daher ist die dargestellte Spielfigur auf einem HD-Fernseher auch nur sehr klein. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Neben den üblichen Fitnessübungen gibt es auch spielerische Tätigkeiten, wie etwa färbige Blöcke mit Fausthieben und Tritten zu zerschlagen. Das Spiel blendet dabei immer die gerade verbrannten Kalorien, beziehungsweise einen entsprechenden Schätzwert, auf der linken Seite ein. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Zum Abschluss einer Trainingseinheit darf man sich per Tai-Chi noch einmal entspannen. Hier zeigt sich deutlich die Präzision, mit der Kinect arbeiten kann. Erst, wenn der Körper genau in der vorgeschriebenen Position ist, färben sich die Balken grün. Das funktionierte durchaus gut und ohne größere Verzögerungen, im Gegensatz zu den "Adventures"-Minispielen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Eine endgültige Bewertung von Kinect wäre unfair, da noch nicht die finalen Versionen der Spiele verfügbar waren. Eines zeichnet sich aber deutlich ab. Das Zusatzsystem ist auf Gelegenheitsspieler, Kinder und Familien ausgerichtet. Allerdings wird der Erfolg auch stark vom Preis abhängen. Immerhin kostet eine Xbox 360 allein schon 250 Euro, dann muss man noch Kinect und die Spiele dazu kaufen. Vermutlich wird man erst mit 400 Euro "hineinspringen" können, wie Microsoft es gern hätte. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Die Technik funktioniert allerdings und hat durchaus Charme. Und während einige der gezeigten Spiele noch unter Latenzzeiten litten, präsentierten sich andere deutlich präziser. Man erhält das Gefühl, Microsoft hätte noch etwas mehr Entwicklungszeit gut getan. Die Hoffnung ruht jetzt auf den Spiele-Designern. "Dance Central" und "Your Shape" zeigen, wohin die Reise gehen könnte. Vielleicht gibt es ja bald ein "Street Fighter" oder "Mortal Kombat" mit echtem Körpereinsatz. Das könnte dann selbst eingefleischte Spieler auch von der Couch hochreißen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Die Hüpforgie vor dem Fernseher vorab probiert Mit Kinect lassen sich Spiele über Gesten und Körperbewegungen bedienen, die eine Kamera ins Spiel überträgt. Hinzu kommt eine Sprachsteuerung, die über ein eingebautes Mikrofon funktioniert. Darüber lassen sich etwa Filme und Musik über die Konsole abspielen, oder auch Video-Chats durchführen. Ein klassischer Controller ist nicht nötig. "Kinect erschließt uns eine breitere Zielgruppe", ist Microsoft-Manager Chris Lewis überzeugt.
Klassische Gamer nicht vernachlässigt Er betonte aber, dass Microsoft die typischen Spieler - männliche Jugendliche - nicht vernachlässige: "Wir bringen weiterhin großartige Titel für unsere Kernzielgruppe heraus." Auf der Gamescom, Europas größtem Gaming-Event, werden die Ego-Shooter Halo Reach und das umfassende Fantasy-Rollenspiel Fable 3 für die Xbox 360 für die erwarteten hunderttausenden Besucher spielbar sein. Beide Spieler sollen zum Weihnachtsgeschäft erscheinen. Darüber hinaus kündigte Microsoft Fortsetzungen für die erfolgreiche Strategie-Reihe Age of Empires und den "Flight Simulator" an. Letzterer wird 28 Jahre nach Erscheinen des ersten Teils nur noch Microsoft Flight genannt.
(Ag.)
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