Wahltag

Trump: "Verlieren ist niemals leicht. Nicht für mich"

ANstehen, um seine Stimme abzugeben: Die Schlange vor der John F. Kennedy Library in Miami, Florida, ist lang.
ANstehen, um seine Stimme abzugeben: Die Schlange vor der John F. Kennedy Library in Miami, Florida, ist lang.APA/AFP/EVA MARIE UZCATEGUI
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98,4 Millionen Bürger haben bereits gewählt. Ein Ergebnis könnte Tage auf sich warten lassen, wenn es in jenen Staaten ein knappes Ergebnis gibt, in denen Briefwahlstimmen erst ab heute ausgezählt werden. Das könnte für Verwirrung sorgen.

Ganz im Zeichen der Coronavirus-Pandemie ist in den USA die Präsidentenwahl über die Bühne gegangen. Nach einer monatelangen erbitterten Wahlschlacht zwischen dem republikanischen Amtsinhaber Donald Trump und dessen demokratischem Herausforderer Joe Biden schlossen die Wahllokale bereits in einer Mehrzahl der Bundesstaaten. Vor allem im Osten der USA haben sich dort teils lange Schlangen gebildet.

First Lady Melania Trump ging am Vormittag Ortszeit winkend in ein Wahllokal in Palm Beach im umkämpften Bundesstaat Florida, wie TV-Aufnahmen zeigten. Mitreisende Journalisten berichteten, Trump sei die einzige Person gewesen, die trotz der Corona-Pandemie keine Maske getragen habe.

Melania Trump gab am Dienstag in Palm Beach ihre Stimme ab.
Melania Trump gab am Dienstag in Palm Beach ihre Stimme ab.APA/AFP/ZAK BENNETT

Präsident Donald Trump hatte seine Stimme bereits frühzeitig Ende Oktober in Florida abgegeben. Er äußerte sich am Dienstag vage zu Spekulationen, er könne sich frühzeitig zum Sieger erklären, bevor alle Briefwahlstimmen ausgezählt wurden: "Ich denke, wir werden siegen. Aber nur wenn es einen Sieg gibt. Es gibt keine Gründe, Spiele zu spielen", sagte Trump am Dienstagmorgen in der TV-Sendung "Fox and Friends". Der Präsident war telefonisch zugeschaltet.

"Gewinnen ist leicht. Verlieren ist niemals leicht. Nicht für mich“, sagte Trump später am Tag in Arlington bei Washington. Die Zahlen, die er aus den Bundesstaaten Texas, Arizona oder Florida sehe, seien sehr gut. 

Donald Trump in Arlington, rechts im Hintergrund Tocher Ivanka Trump und Schwiegersohn Jared Kushner.
Donald Trump in Arlington, rechts im Hintergrund Tocher Ivanka Trump und Schwiegersohn Jared Kushner.APA/AFP/SAUL LOEB

Unterdessen ging Biden in den letzten Stunden noch einmal auf Stimmenfang im hart umkämpften Bundesstaat Pennsylvania. Dabei besuchte er in seiner Heimatstadt Scranton auch das Haus, in dem er seine ersten Lebensjahre verbrachte. Er hinterließ dort einen Gruß an der Wand: "Aus diesem Haus ins Weiße Haus mit der Gnade Gottes. Joe Biden 3. 11. 2020". Biden zog mit seiner Familie im Alter von zehn Jahren von Scranton nach Wilmington (Delaware), wo er bis heute lebt und am Dienstagmorgen noch die Kirche sowie das Grab seines Sohnes besuchte.

Es ist eine Abstimmung, wie es sie so in der Geschichte der USA noch nicht gegeben hat. Bereits jetzt zeichnet sich eine Rekordbeteiligung ab. Fast 100 Millionen Amerikaner - oder knapp drei Viertel aller Wähler, die 2016 teilnahmen - haben schon gewählt. Nicht zuletzt um sich vor einer Virus-Ansteckung in den Warteschlangen vor den Wahllokalen zu schützen, nutzten sie die Möglichkeit, im Vorfeld ihren Stimmzettel abzugeben oder per Post einzusenden.

Joe Biden am Wahltag in Philadelphia, Pennsylvania.
Joe Biden am Wahltag in Philadelphia, Pennsylvania.REUTERS

Zu einem Zwischenfall kam es in der Stadt Charlotte in North Carolina. Ein mit einer Schusswaffe bewaffneter Mann wurde vor einem Wahllokal festgenommen. Der Mann habe nach seiner Stimmabgabe weiter vor dem Wahllokal "herumgelungert", schrieb die örtliche Polizei auf Twitter. Es sei ein Anruf eingegangen, wonach der Mann andere Wähler eingeschüchtert haben könnte. Er sei daraufhin zum Verlassen des Geländes aufgefordert worden, kam aber zwei Stunden später zurück. Die Polizei nahm in wegen unbefugten Betretens des Geländes fest.

Fotos in den sozialen Medien sowie Medienberichten zufolge trug der Mann eine Kappe mit der Aufschrift "Trump 2020". Im Vorfeld der Wahl hatte es Bedenken gegeben, dass Trump-Unterstützer andere Wähler einschüchtern könnten. In der Wahlnacht waren jedoch zunächst keine größeren Zwischenfälle bekannt.

Auch Black-Live-Matters-Bewegung ist Thema

Für Unfrieden sorgen nicht nur die Corona-Pandemie - bisher starben in den USA über 231.000 Menschen, die positiv getestet wurden - sowie die damit einhergehende Wirtschaftskrise, in der Millionen Amerikaner ihren Job verloren. Auch die landesweiten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt, ausgelöst durch den Tod des Schwarzen George Floyd bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis im Mai und verstärkt durch weitere ähnliche Vorfälle, haben das Land tief erschüttert. Am Rande mehrerer Demonstration kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Anhängern der Black-Lives-Matter-Bewegung und rechtsradikalen bewaffneten Bürgerwehren.

Durch das Land zieht sich ein tiefer Graben zwischen Trump- und Biden-Anhängern. Der 77-jährige Herausforderer wirft Trump vor allem Versagen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie vor. Umfragen zeigen, dass die Amerikaner Biden in der Frage ein besseres Krisenmanagement zutrauen. Trump entgegnet, das Virus werde bald verschwinden und die Wirtschaft sich rasch erholen. Auch verspricht er, dass es bald einen Impfstoff geben werde. Er empfiehlt sich als Garant für Wohlstand, Recht und Ordnung.

Biden führt in nationalen Umfragen, doch in mehreren Bundesstaaten bahnt sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen an. Der Ausgang ist deswegen offen, denn bei der Präsidentenwahl entscheidet nicht die Mehrheit der landesweit insgesamt abgegebenen Stimmen über den Sieger, sondern das Wahlkollegium. Dieses setzt sich aus sogenannten Wahlleuten zusammen, die jeder Bundesstaat abhängig von seiner Bevölkerungszahl stellt. In der Regel werden alle Wahlleute eines Bundesstaats dem Kandidaten zugeteilt, der in diesem Bundesstaat am besten abschneidet. 270 sind für einen Sieg nötig.

So kann es also kommen, dass der erfolgreiche Kandidat zwar landesweit nicht die meisten Stimmen erhalten hat, wohl aber die meisten Wahlleute. Zuletzt war dies 2016 der Fall, als Trump Hillary Clinton besiegte, obwohl er drei Millionen Wählerstimmen weniger als seine Rivalin verbuchte.

In Pennsylvania, Michigan und Wisconsin ist Geduld gefragt

Zum Abschluss des Wahlkampfs konzentrierten sich die beiden Kandidaten ganz auf die sogenannten Swing States, in denen Wähler ihr Kreuzchen mal überwiegend bei den Republikanern, dann wieder bei den Demokraten setzen. Dabei zeichnete sich ein zähes Rennen ab. Stunden nach Wahlschluss in den meisten Swing States gab es am Dienstagabend (Ortszeit) weiterhin keine Vorentscheidung. Biden und Trump erhielten ihre jeweiligen Hochburgen zugesprochen. Während Trump vor einem Sieg in Florida stand, führte Biden in Arizona. Ohio, wo der Demokrat sich gute Chancen ausgerechnet hatte, wurde Mittwochfrüh (MEZ) Trump zugesprochen.

Im Fokus standen in der Wahlnacht auch Pennsylvania, Michigan und Wisconsin - drei traditionelle Hochburgen der Demokraten, die Trump 2016 knapp eroberte und die ihm seinen Sieg gegen Clinton sicherten. Wenn Biden diese drei Staaten zurückholt und gleichzeitig in allen Staaten gewinnt, die auch für Clinton stimmten, dürfte das für den Einzug ins Weiße Haus reichen. Trends waren Mittwochfrüh noch keine feststellbar. Zwar führte der Amtsinhaber zum Teil deutlich, doch beruhten diese Ergebnisse hauptsächlich auf der Urnenwahl vom Dienstag. Die Biden-Anhänger hatten aber Umfragen zufolge überwiegend von der Briefwahl Gebrauch gemacht.

Florida bleibt republikanisch

In Florida, wo ein Sieg für Trump wegen der 29 Wahlmänner Pflicht ist, führte der Präsident Trump mit 51,3 zu 47,8 Prozent der Stimmen, nachdem über 90 Prozent der Stimmen ausgezählt wurden. Der konservative Sender Fox News erklärte den Amtsinhaber in der Früh bereits zum Sieger in dessen Heimatstaat. In dem Bundesstaat ist es erlaubt, die Flut an Briefwahl-Stimmen bereits vor dem eigentlichen Wahltag auszuzählen.

Anders ist das in Pennsylvania, Michigan und Wisconsin. Dort wird mit der Auszählung erst am Wahltag selbst begonnen. Darum ist nicht ausgeschlossen, dass hier Ergebnisse erst Tage später vorliegen. Alle drei Staaten hatte Trump vor vier Jahren gewonnen. Beobachter wiesen jedoch darauf hin, dass Biden durch die Auszählung von Briefwahlstimmen noch aufholen könnte.

So lange will Trump nicht warten. Seit Wochen stellt er das US-Wahlsystem infrage. Vor allem die Briefwahl ist ihm ein Dorn im Auge. Ohne Belege zu liefern, sieht er dadurch möglichen Wahlbetrug. Umfragen zufolge machen vor allem Anhänger der Demokraten von der Briefwahl Gebrauch, während Republikaner bevorzugt klassisch am Wahltag selbst ihre Stimme abgeben. Trump hat signalisiert, dass seine Anwälte bereits in Stellung sind. Fragen, ob er einen friedlichen Machtwechsel unterstützen würde, ließ er offen.

US-Präsident Trump hat nach Angaben des Weißen Hauses nach zuletzt fünf Auftritten am Tag keinen Wahlkampftermin. Auf dem Programm steht ein Besuch des Büros der Republikanischen Partei am Vormittag. Danach will Trump ins Weiße Haus zurückkehren, wo es am Abend eine Wahlfeier mit etwa 400 Gästen geben soll.

(APA/Reuters)

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