Schulen

Wenn Schüler wegen (fehlender) Corona-Regeln auf die Barrikaden gehen

FRANCE - BLOCUS HIGH SCHOOL Mobilization of French high schools to fight against student insecurity in the face of Covi
FRANCE - BLOCUS HIGH SCHOOL Mobilization of French high schools to fight against student insecurity in the face of Coviimago images/Hans Lucas
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Zwischen Fern- und Präsenzunterricht: Wie organisieren andere europäische Länder den Schulalltag?

Noch sind in Frankreich die Schulen offen. Doch immer mehr Schüler und Lehrer sind damit nicht einverstanden. Sie gehen in Paris und anderen Städten auf die Straßen, um auf die Gesundheitsrisken durch den Präsenzunterricht aufmerksam zu machen, die durch während der Coronakrise geöffnete Schulen entstünden. Sie fordern eine Umstellung auf Fernunterricht.


Bereits seit vergangener Woche rufen Schüler und auch Lehrer in allen Landesteilen zu Protesten auf: Die engen Klassen seien überfüllt (bis zu 35 Schüler sind in einer Klasse erlaubt), das Abstandhalten sei unmöglich. Besonders heikel sei die Situation in den Schulkantinen: Zu Mittag würden Schüler aus allen Schulstufen aufeinander- treffen, vor der Essensausgabe bildeten sich lange Schlangen – ganz ohne Abstand. Das sind die Hauptkritikpunkte. Nicht nur Schülervertreter, auch Elternräte und Lehrergewerkschaften wollen daher lieber Unterricht vor dem Computer zu Hause, als die Verpflichtung in der Schule zu erscheinen. Bei den Demonstrationen kam es auch immer wieder zu Ausschreitungen: In Compiègne nördlich von Paris flogen Steine, ein Polizeiauto brannte. In Nantes gingen Mistkübel in Flammen auf.


In Frankreich sind aufgrund steigender Neuinfektionszahlen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wie in fast allen europäischen Ländern zwar verschärft worden. Die Schulen – egal ob Volksschulen oder Oberstufe – bleiben aber offen. Etliche Länder verfolgen diese Strategie: Kinder und Jugendliche sollen auch weiterhin in die Schule geschickt werden – anders als im ersten Lockdown im Frühjahr. Auch in Deutschland, Spanien, Schweden, der Schweiz, in Teilen Großbritanniens oder den Niederlanden hält man (noch) am Präsenzunterricht für alle Altersstufen fest. Im besonders stark betroffenen Belgien wurden die Herbstferien bis Ende dieser Woche verlängert, ab nächster Woche soll aber wieder Unterricht für alle stattfinden.

Oberstufen bleiben zu Hause

Ein einheitliches Vorgehen gibt es in Europa nicht. Je nach Infektionszahlen entscheiden die einzelnen Regierungen. Etliche Länder handhaben den Schulunterricht so wie Österreich: Für Oberstufen und Höhere Schulen ist Distance Learning angesagt, Praxis- oder Werkstättenunterricht findet gestaffelt in der Schule statt. Für alle anderen Schulformen gilt Präsenzunterricht: Unterstufen und Volksschüler gehen weiterhin in die Schule, die Kindergärten bleiben offen. Auch in Griechenland und der Slowakei ist derzeit der Schulbesuch so geregelt.


Ähnlich ist die Situation in Italien, wo erst am Montag neue Verschärfungen in Kraft getreten sind. Diese gelten zunächst bis zum 3. Dezember. Für vier Millionen italienische Schüler der Oberstufen hat die Woche also mit Fernunterricht begonnen, 45 Prozent aller Lehrer in Italien werden online unterrichten. Dies sei wichtig, um Ansteckungsgefahren zu vermeiden und die öffentlichen Verkehrsmittel zu entlasten, heißt es seitens der Regierung. Rom ist besorgt, weil durch steigende Infektionszahlen dem Gesundheitswesen – diesmal im Süden – eine Überlastung drohe. Dieses werde nicht mehr lang in der Lage sein, die zunehmende Zahl auf den Intensivstationen zu bewältigen. Einzelne Regionen, die als „rote Zone“ eingestuft werden, können aber die Maßnahmen verschärfen: Eine Schließung aller Schulen kommt etwa in Südtirol, wo sich die Lage zuletzt verschlechtert hatte.


Neue Maßnahmen – ähnlich wie in Österreich – führt Ungarn ab Mittwoch ein: Ab dann findet der Oberstufenunterricht nur noch online statt, Internate werden geschlossen. Schulen für Kinder unter 14 Jahren, Kindergärten und -krippen bleiben offen. Lehrer werden wöchentlich auf Covid-19 getestet.

Heimunterricht für alle Schüler

Einige Länder wie Polen oder Slowenien setzten auf die komplette Sperre von Schulen, um so die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. Während Tschechien bereits Mitte Oktober den Anwesenheitsunterricht für die älteren Schüler eingestellt hat, folgten die jüngeren wenig später. Derzeit sind nur die Kindergärten in Betrieb. Doch der Druck im nördlichen Nachbarland zur Wiederöffnung der Schulen steigt.
Vor allem der Präsenzunterricht der Volksschulen für Kinder von sechs bis zehn Jahren und der anschließenden Schulstufe sollte so bald wie möglich wieder aufgenommen werden, meint der Verband der örtlichen Kommunal-Selbstverwaltungen. Dessen Vertreter sind der Meinung, das Niveau des Distanzunterrichts sei zu uneinheitlich. Daher vergrößere sich der Unterschied beim Bildungsstand der Schüler. Noch ist unklar, wann es an den Schulen wieder losgeht.

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