Opfer wollen Entschädigung wegen Behördenversagens.
Wien/Innsbruck. Skiurlauber, die sich im März in Tiroler Skiorten, vor allem in Ischgl, mit dem Coronavirus angesteckt haben, begehren Entschädigung von der Republik Österreich. Vier Amtshaftungsklagen, darunter auch die Klage von Angehörigen eines an Covid-19 verstorbenen Pensionisten, waren im September beim Zivillandesgericht Wien eingebracht worden. Am Donnerstag teilte der Obmann des Verbraucherschutzvereins (VSV), Peter Kolba, mit, dass mittlerweile einzelne weitere Klagen eingebracht worden seien.
Mehr als 6000 Geschädigte haben sich beim VSV gemeldet. Mehrere einstige Ischgl-Gäste haben erklärt, sie hätten sich vor Antritt des Urlaubs über die Gefahr einer Ansteckung erkundigt – beim Tourismusverband Paznauntal oder in den Hotels. Doch die Menschen seien, laut Kolba, „belogen“ worden. Allein aus den Niederlanden hätten sich mittlerweile 800 Opfer gemeldet. Für diese würden derzeit Klagen gegen den Tourismusverband oder gegen Hotels geprüft.
Prokuratur winkt ab
Was die Amtshaftungsklagen betreffe, gebe es keinerlei Einsicht der Generalprokuratur (diese vertritt die Republik bzw. deren Behörden). In Klagebeantwortungen würden alle Ansprüche, zum Beispiel Schmerzengeld, Verdienstentgang, Therapiekosten, bestritten. Kolba: „Es wird behauptet, die Opfer müssten sich woanders angesteckt haben.“ Auch ein Brief an den Bundeskanzler mit der Bitte um einem Runden Tisch sei unbeantwortet geblieben.
Indessen seien in 30 Fällen Deckungszusagen von Rechtsschutzversicherungen aus Deutschland eingegangen. Die meisten Opfer, etwa 4000, stammen aus Deutschland. Schreiben mit Zahlungsaufforderungen seien bereits nach Österreich geschickt worden. (m. s.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2020)