Großbritannien und die EU einigen sich auf den härtesten aller harten Brexits. Aber ein No-Deal wäre noch teurer gewesen.
In dem Film „Lohn der Angst“ versuchen zwei Fahrerteams hochexplosives Nitroglyzerin in unzureichenden Lastwägen über lebensgefährliche Strecken an den Bestimmungsort zu bringen. Mindestens so brisant und spannend wie das filmische Meisterwerk von 1953 waren die Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU über die künftigen Beziehungen nach Ablauf der Brexit-Übergangsperiode zu Jahresende, insbesondere in der Endphase. „Wir haben die Kontrolle über unsere Gesetze und unser Schicksal zurückgewonnen“, jubelte danach der britische Premierminister Boris Johnson in London in Siegerpose, und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem „fairen“ und „ausgewogenen“ Abkommen.
Die unterschiedliche Wortwahl war symptomatisch. In Brüssel mischte sich in die Erleichterung darüber, nur sieben Tage vor Ablauf der Frist doch noch einen Chaos-Brexit vermieden zu haben, bei aller Irritation über die schwierigen Briten doch etwas wie Wehmut: Genau 48 Jahre, nachdem Großbritannien am 1. Jänner 1973 der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beigetreten war, werden zum Jahresanfang 2021 Brüssel und London nicht mehr Partner, sondern Konkurrenten sein. Von der Leyen griff sogar auf Shakespeare zurück: „So süß ist Trennungswehe“, – bezeichnenderweise ein Zitat aus „Romeo und Julia“.