Das Finanzressort als Sprungbrett - zum Flughafen

(c) Clemens Fabry
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Vizebürgermeisterin Renate Brauner könnte Herbert Kaufmann als neue Chefin des Wiener Flughafens ablösen. Offenbar ist das Finanzressort im Wiener Rathaus ein gutes Sprungbrett für eine Karriere in der Wirtschaft

Sie wurde schon als Nachfolgerin von Brigitte Ederer an der Spitze von Siemens Österreich kolportiert. Ederers Nachfolger wurde dann jedoch Wolfgang Hesoun. Nur wenige Wochen später taucht der Name Renate Brauners, der Finanzstadträtin und Stellvertreterin von Bürgermeister Michael Häupl, schon wieder in der Gerüchteküche um Spitzenposten auf. Offenbar ist das Finanzressort im Wiener Rathaus ein gutes Sprungbrett für eine Karriere in der Wirtschaft. Auch die „rote Gitti“, wie Ederer genannt wird, war vor ihrer Siemens-Karriere SPÖ-Finanzstadträtin.

Diesmal wird Brauner für einen der heißesten Manager-Jobs überhaupt genannt. Das „rote Urgestein“, das Häupl seit der Studienzeit und der Arbeit im VSStÖ kennt, soll Flughafen-Boss Herbert Kaufmann beerben. Nach den Landtagswahlen am 10.Oktober, natürlich. Wie auch immer die Wahlschlacht ausgeht – dass Brauner dann nicht mehr Vizebürgermeisterin sein wird, sei schon paktiert, heißt es.

Über Kaufmanns vorzeitiges Ausscheiden (sein Vertrag läuft bis September 2014) wird schon seit einem Jahr heftig spekuliert. Seit das Finanzdebakel beim Flughafen-Terminal Skylink Anfang 2009 ruchbar wurde – die Kosten sind von 420 auf 830 Millionen Euro explodiert –, steht vor allem Kaufmann im Kreuzfeuer der Kritik. Er habe von Anfang an gewusst, dass der Budget- und Zeitplan völlig aus dem Ruder läuft und nichts dagegen unternommen, lautet der Hauptvorwurf. Was Kaufmann immer in Abrede gestellt hat. Schon im März stand seine Ablöse so gut wie fest – es soll just Renate Brauner gewesen sein, die einen Rückzieher machte: Der Grund soll die Furcht vor einer öffentlichen Diskussion um Kaufmanns hohe Abfertigung gewesen sein.

Spätestens seit Freitag, seit der Rechnungshof seinen Rohbericht zum Skylink dem Flughafen und seinen Hauptaktionären, den Ländern Wien und Niederösterreich, zugestellt hat („Die Presse“ berichtete am 4.September), sieht die Sache anders aus: Kaufmanns „Nix wissen“-Argumente sind angesichts der vernichtenden RH-Kritik schwer haltbar.


Häupl und sein schwarzes Pendant in Niederösterreich, Erwin Pröll, dürften daher nicht mehr lange fackeln und ihre bisher lose Übereinkunft, dass Kaufmann spätestens zu Jahresende gehen muss, realisieren.

Die lebenslustige Brauner, deren Herz, wenn's um Fußball geht, grün schlägt, bringt einige wichtige – und auch richtige – Voraussetzungen für den neuen Job mit: Sie hat Sozial- und Wirtschaftswissenschaften studiert und in drei Stadtrats-Funktionen (Integration/Frauenfragen/Konsumentenschutz, Gesundheit und Finanzen) viel Erfahrung auch in finanziell heiklen Fragen gewonnen.

Vor allem aber gehört sie der roten Reichshälfte an – was am Flughafen nach wie vor eine große Rolle spielt. Sind doch die politischen Gewichte genau verteilt: Kaufmann und Technik-Vorstand Gerhard Schmid gehören dem roten Lager an. Finanzvorstand Ernest Gabmann, der sich mit der Gunst des späten Engagements (er wurde 2009 Vorstand) aus der Schusslinie bringen möchte, repräsentiert als einstiger Vize von Pröll das schwarze Niederösterreich. Auch im Aufsichtsrat herrscht das rot-schwarze Gleichgewicht.

Parteifilz und Freunderlwirtschaft bilden aber genau jenen Nährboden, der solche Desaster wie den Skylink erst sprießen lässt. Mit Brauners Kür bliebe zwar das Gleichgewicht der Macht erhalten, aber es würde sich auch nichts an den alten Seilschaften ändern. Außer: Der Flughafen könnte sich als einer der wenigen börsenotierten Konzerne mit einer „Frau Generaldirektorin“ brüsten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2010)

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