Stangl: "Am meisten tut es mir für mich selbst leid"

Skyrunner Christian Stangl
Skyrunner Christian Stangl(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Der Extrembergsteiger erklärte vor versammelter Presse, wie er sich den irrtümlichen Gipfelsieg auf dem K2 eingebildet hatte. "Ich habe nicht bewusst diesen Blödsinn gemacht", meinte er.

Christian Stangl ist entgegen eigener Angaben doch nicht auf dem Gipfel des K2 gestanden. Das gab der steirische Skyrunner am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien zu. Das Foto, das er vor vier Wochen als "Beweis" für seinen vermeintlichen Erfolg am 13. August versandt hatte, entstand vermutlich auf einer Höhe von etwa 7500 Metern, mehr als 1000 Meter unter dem Gipfel. "Ich war in einem tranceartigen Zustand und ich dachte, ich sei am höchsten Punkt des Berges", erklärte Stangl.

Nach sieben Versuchen in drei Sommern, den Berg zu bezwingen, sei die Kombination von körperlicher Existenzangst und der Furcht vor dem Versagen ausschlaggebend gewesen, dass sich sein Bewusstsein derart verändert habe, erklärte Stangl. Er hätte in den vergangenen Jahren viel mit Visualisierungsprozessen gearbeitet. "Ich habe mir Bilder aufgebaut, wo ich mich selbst bereits am Ziel gesehen habe", sagte der Extremsportler.

"Der größte Schaden für mich selbst"

Erst nachdem die Anspannung der Strapazen in Österreich nachgelassen haben, sei ihm "nach und nach bewusst geworden", dass er doch nicht am Gipfel des mit 8611 Metern zweithöchsten Bergs gewesen sein konnte. Gespräche mit seiner Freundin und der Familie bestärkten den 44-Jährigen, es sich selbst einzugestehen und öffentlich zu machen. "Am meisten leid tut es mir für mich selbst. Es ist der größte Schaden für mich selbst", betonte Stangl.

Vorwürfe, dass er nur aufgrund von Medienrecherchen und Erpressungsversuchen anderer Bergkameraden den nicht geglückten Aufstieg publik machte, wies er zurück. Der "Falter" berichtet in seiner morgen, Mittwoch, erscheinenden Ausgabe, dass bereits seit längerem Zweifel aus Bergsteigerkreisen am vermeintlichen "Gipfelsieg" des Österreichers geäußert wurden. Ein kasachischer Alpinist, Maksut Zhumayev, der zeitgleich mit Stangl am K2 unterwegs war, erklärte, dass der Österreicher zu dem von ihm angegebenen Zeitpunkt nicht am Gipfel sein könnte, entsprechende Spuren im Eis hätten gefehlt.

Ähnliche Vorwürfe gab es bereits gegen die Südkoreanerin Oh Eun Sun. Sie behauptet, als erste Frau der Welt alle Achttausender bezwungen zu haben. Der südkoreanische Bergsteigerverband teilte Ende August mit, dass die vorgelegten Fotos vom Gipfel des Kanchenjunga nicht mit dem richtigen Hintergrund übereinstimmten.

Stangl behauptet von sich selbst, zuvor auf allen angegebenen Gipfeln gestanden zu sein, da dies andere Personen bezeugen könnten. "Ich habe nicht bewusst diesen Blödsinn gemacht, aber es ist schwer vorstellbar, wie sich das Bewusstsein in dieser Situation verändert", sagte der 44-Jährige. Der Druck, den höchsten Punkt zu erreichen, sei allerdings nicht von Sponsoren gekommen, die er von dem Vorfall bereits in Kenntnis gesetzt habe und noch immer hinter ihm stünden, sondern von ihm selbst. "Als Sportler will man Leistungen erreichen", sagte er.

Der K2 habe ihn "gar nicht so interessiert", meinte der Steirer. Aber um die "14 Seven Summits", die sieben höchsten und die sieben zweithöchsten Berge aller Kontinente, als erster Mensch zu besteigen, "brauchte ich den Berg einfach". Die Besteigung des K2 mache keine Freude, aus der Nähe sei er kein schöner Berg mehr, sondern nur noch ein "Trümmerhaufen".

Wie sein Leben weitergehen soll, weiß Stangl noch nicht. "Ich werde mir eine Auszeit nehmen müssen, um zu erforschen, wo ich in der Welt stehe", so der Steirer. Er sei im Zustand eines Burn-outs. "Wenn der Faktor Berg in meinem Leben wegfällt, bleibt fast nichts mehr", erklärte Stangl. "Die Sinnfrage habe ich mir jetzt speziell gestellt." Ob er nochmals versucht den K2 zu erklimmen oder im November, wie geplant, in die Antarktis zum Mount Tyree aufbricht, stehe derzeit noch nicht fest.

In Zukunft müsse man mit einer "Fußfessel" am Gipfel stehen, um den Beweis liefern zu können. "Da verschieben sich die Prioritäten und wie ich den Berg erreiche, steht nur noch am zweiten Platz", sagte Stangl.

(APA)

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