Stangl: "Bergsteigen ist nur eine Facette des Lebens"

Christian Stangl
Christian Stangl(c) Reuters (HEINZ-PETER BADER)
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Der Skyrunner Christian Stangl musste zugeben, seinen Gipfelsieg auf dem K2 nur vorgetäuscht zu haben. Mit der "Presse" sprach der Extrembergsteiger über die Gründe der Irreführung.

Die Presse: Warum ist es ihrer Meinung nach verboten, zu versagen?

Christian Stangl: Das fragen Sie ausgerechnet mich?

Sie erzählen, dass Versagensängste sie in einen tranceartigen Zustand versetzt hätten, der sie glauben ließ, am Gipfel des K2 zu stehen?

Stangl: Das ist die Sache, die ich in den nächsten Wochen und Monaten mit mir ausmachen muss.

Die Angst vor Steinschlag ist leicht nachvollziehbar, die Angst vor dem Versagen aber nicht.

Stangl: Ich war 15 Jahre lang in einem Büro als Elektrotechniker. Ich hatte einen mittelmäßigen Job und habe darin mittelmäßig abgeschnitten. Aber im Speedbergsteigen habe ich ein Gebiet gefunden, in dem ich erfolgreich war. Jahrelang ging es bergauf: Erfolg, Vorträge - so etwas taugt dir. Ich bin da richtig in etwas hineingerutscht. Und jetzt sehe ich, dass Bergsteigen eben auch nicht alles ist im Leben, dass es nicht immer nur bergauf geht. Wenn du dir ein Projekt in den Kopf setzt, jahrelang dafür kämpfst und immer am selben Punkt scheiterst dann gibt es so etwas wie ein Burnout. Du kommst drauf, Bergsteigen ist nur eine Facette des Lebens. Stehst du auf der Bühne und bekommst Applaus, dann ist das super. Dann kommt die Angst, plötzlich kann das wegbrechen.

Warum kam diesmal die Angst? Sie hatten davor ja bereits sieben Anläufe auf den Gipfel des K2 abbrechen müssen.

Stangl: Dass man am K2 zwei, drei Versuche braucht, ist Durchschnitt. Mir ist vorgekommen, es kann doch nicht sein, dass ich bei aller Trainiertheit und bester Höhenverträglichkeit nicht hinauf komme.

Also war Ihre Geduld am Ende?

Stangl: Es war der Druck, endlich ein Stückerl weiter zu kommen.

Ist das „Skyrunning" gescheitert?

Stangl: Nein. Es gibt viele, die bewiesen haben: „Das funktioniert, ich gehe in einem Zug hinauf und hinunter." Das ist ein Ausdruck unserer Zeit, in der Geschwindigkeit und Leistung gehuldigt werden.

Den K2 konnten sie nicht von der Basis aus erreichen?

Stangl: Nur am K2 habe ich es 2008 aufgegeben, ohne Zwischenstopp vom Tal auf den Gipfel zu steigen.

("Die Presse", Printausgabe vom 8. September)

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