Umstritten

In Polen sind Abtreibungen rechtlich nur noch aus zwei Gründen erlaubt

Die Proteste (hier ein Bild von Mittwochabend aus der Hauptstadt Warschau) sollen auch am Donnerstag weitergehen.
Die Proteste (hier ein Bild von Mittwochabend aus der Hauptstadt Warschau) sollen auch am Donnerstag weitergehen.APA/AFP/WOJTEK RADWANSKI
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Polens Verfassungsgericht hat den letzten Schritt gesetzt, um auch Abtreibungen ungeborener Kinder mit schweren Fehlbildungen zu verbieten. Erneut versammelten sich viele Menschen, um gegen das Gesetz zu demonstrieren.

Es ist die größte Protestwelle gewesen, die Polen seit Jahren erlebt hat. Und dennoch: Das umstrittene Urteil des polnischen Verfassungsgerichts zum Abtreibungsverbot bei Behinderung wurde am Mittwoch rechtskräftig. Somit sind Abtreibungen in Polen nur noch in zwei Fällen erlaubt: wenn die Schwangerschaft Leben bzw. Gesundheit der Mutter bedroht oder wenn eine Frau durch Vergewaltigung oder Inzest schwanger geworden ist.

Das Gerichtsurteil vom 22. Oktober wurde im Amtsblatt veröffentlicht, vermeldete die Nachrichtenagentur PAP mit Berufung auf die Regierung. Am Abend sammelten sich daraufhin erneut Protestkundgebungen gegen die Verschärfung des Abtreibungsrechts. Entgegen den Gepflogenheiten war die Entscheidung des Verfassungsgerichts bisher nicht im amtlichen Anzeiger veröffentlicht worden. Mit der Veröffentlichung hat die Entscheidung offiziell Gültigkeit.

Polen hat eines der strengsten Abtreibungsgesetze Europas. Bisher waren Abtreibungen auch bei einer schweren Behinderung des Kindes erlaubt. Diese Ausnahme wurde vom Verfassungsgericht mit dem Urteil aufgehoben. Der Spruch rief im Herbst heftige Massenproteste hervor, die sich bald auch grundsätzlich gegen die Politik der nationalkonservativen Regierung richteten.

Demonstration in Warschau

Eine Kundgebung vor dem Gebäude des Verfassungsgerichts in Warschau begann am Mittwochabend. Die Organisation Allpolnischer Frauenstreik (Ogólnopolski Strajk Kobiet) rief zu weiteren Aktionen in den größeren polnischen Städten auf.

Auch aus Österreich gab es Proteste gegen das Urteil des Verfassungsgerichts. "Die polnische Regierung zieht ohne Rücksicht auf Frauenleben ihre Linie durch und verbietet Abtreibungen de facto völlig", zeigt sich die Grüne Vizeklubchefin Meri Disoski in einer Aussendung vom Mittwoch empört. Monika Vana, Delegationsleiterin der Grünen im Europaparlament, forderte ihrerseits: "Die EU-Kommission muss endlich das Vertragsverletzungsverfahren wegen der politischen Justizreform vorantreiben. Wir können nicht dulden, dass ein derartig politisch vereinnahmtes 'Verfassungsgericht' das frauenfeindliche politische Programm der Regierung umsetzt."

Auch die Vorsitzende der SPÖ-Frauen, Gabriele Heinisch-Hosek, meldete sich zu Wort: "Diesen schlimmen Angriff auf Frauenrechte dürfen wir in Europa nicht hinnehmen! Ich erwarte mir daher einen öffentlichen Protest der österreichischen Bundesregierung, insbesondere der Frauenministerin", so Heinisch-Hoseks Appell an Susanne Raab (ÖVP) in einer Aussendung.

(APA)

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