Unterwegs

In Sölden kehrt momentan nur die Ruhe ein

Gaislachkogel mit Blick auf die Ötztaler Alpen.
Gaislachkogel mit Blick auf die Ötztaler Alpen.(c) imago images / Westend61 (Günter Flegar via www.imago-images.de)
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Wundersame Ruh' um die Gipfel: nach Sölden ins Ötztal, diesmal ohne Einkehrschwung.

Wir hatten Mitte Dezember im Ötztal in Tirol zu tun – beruflich, ganz ohne Augenzwinkern. Ein epochales Erlebnis: die Söldener weitestgehend unter sich, die gewaltige Berg-Verfrachtungsmaschinerie im Stillstand. Ein wundersamer Kontrast zur Normalsaison – und ein richtiger Winter, mit viel Schnee und einigen Minusgraden, man kennt das in Wien ja nicht mehr so.

Ich kenne Sölden seit der Kindheit, es war unsere Destination für den Skiurlaub, solang die Eltern sponserten. Hotel Post und Scotch Club gibt's längst nicht mehr. In den Restaurants bei den Bergstationen auf über 2000 Metern Höhe wird zuweilen besser gekocht als in der Wiener Innenstadt. Früher gab's genau Germknödel, Würstel, Pommes (haben sich freilich auch gehalten).

Aktuell verwaist: Die Talstation der Giggijochbahn in Sölden. In Spitzenzeiten transportiert sie bis zu 4500 Menschen pro Stunde zur Bergstation.
Aktuell verwaist: Die Talstation der Giggijochbahn in Sölden. In Spitzenzeiten transportiert sie bis zu 4500 Menschen pro Stunde zur Bergstation.tiv

Ich kann mich an den Zweier-Sessellift erinnern, ungefähr an der Stelle, an der heute die Giggijochbahn bis zu 4500 Menschen pro Stunde zur Bergstation bugsiert. Zwei Millionen Nächtigungen im Jahr bei 3041 Einwohnern: Das ehemalige Bergbauerndorf hat seine Chancen genutzt.

Das muss das heutige Sölden vermutlich abermals tun. Der Skitourismus, wie heute im Gange, von der aktuellen Zwangspause abgesehen, hat keine Zukunft. So erklärt es der Glaziologe und Klimaforscher Georg Kaser, der die nicht haltbaren CO2-Sünden aller großen Skigebiete in den Alpen benennt: Individualverkehr für An- und Abreise (ausdrücklich auch im Fall von E-Autos), das lukullische Abfüttern der Gäste im Verwöhnmodus, der ganze strukturelle Energieaufwand.

Sölden befreite sich indes früh von den Saufexzessen des Après-Skis. Zum Umdenken ist man also in der Lage.

timo.voelker@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2021)

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