Russland

Nawalnys Ehefrau Julia angeblich nach Deutschland geflogen

Julia Nawalnaja umringt von Anhängern und Journalisten bei der Rückkehr nach Moskau Mitte Jänner, als ihr Mann Alexej in Gewahrsam genommen wurde.
Julia Nawalnaja umringt von Anhängern und Journalisten bei der Rückkehr nach Moskau Mitte Jänner, als ihr Mann Alexej in Gewahrsam genommen wurde.APA/AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV
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Julia Nawalnaja hat Informationen der Nachrichtenagentur Interfax zufolge Russland verlassen. Alexej Nawalnys aus Litauen agierender Kampagnen-Chef Wolkow wurde zur Fahndung ausgeschrieben.

Die Ehefrau des inhaftierten russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny ist einem russischen Medienbericht zufolge nach Deutschland geflogen. Das meldete die Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch unter Berufung auf einen nicht näher genannten Informanten.

Julia Nawalnaja war im Jänner zusammen mit ihrem Ehemann nach dessen Genesung nach einem Giftanschlag von Deutschland aus nach Moskau zurückgekehrt. Dort wurde Nawalny, einer der schärfsten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin, noch am Flughafen festgenommen.

Nach den jüngsten massenhaften Festnahmen bei nicht genehmigten Protesten hat Russlands Parlament unterdessen die Strafen für die Teilnahme an solchen Aktionen und deren Finanzierung deutlich erhöht. Wer etwa künftig den Anweisungen von Angehörigen der russischen Sicherheitsorgane nicht Folge leistet, muss mit Strafen zwischen 10.000 und 200.000 Rubel (112 Euro bis 1340 Euro) rechnen, hieß es in dem am Mittwoch verabschiedeten Gesetz.

Russland fahndet nach Nawalny-Netwerk-Chef Wolkow

Nach den regierungskritischen Massenprotesten der vergangenen Wochen hat ein russisches Gericht nun einen der Anführer von Nawalnys Bewegung zur Fahndung ausgeschrieben. Der in Litauen lebende Leonid Wolkow sei wegen des Aufrufs an Minderjährigen, an den Protesten teilzunehmen, auf die zwischenstaatliche Fahndungsliste gesetzt worden, teilte das Moskauer Gericht am Mittwoch mit. Das bedeutet, dass auch in einigen anderen Ex-Sowjetstaaten nach ihm gesucht wird.

Wolkow muss bei einer Verurteilung mit einer Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Der Haftbefehl gilt für diverse frühere Sowjetrepubliken, nicht aber für das EU-Mitgliedsland Litauen. Ein weiterer Haftbefehl gegen Wolkow wurde schon zuvor ausgestellt. Die russische Regierung hatte ihn am Dienstag als "Verräter" bezeichnet, weil er mit Vertretern der Europäischen Union über mögliche Sanktionen gegen Putin-Vertraute beraten hatte.

Später teilte das Gericht außerdem mit, dass Haftbefehl gegen Wolkow erlassen wurde. Laut dem russischen Strafgesetzbuch würde dem 40-Jährigen in seiner Heimat eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren drohen. Medien zufolge hält er sich seit mehreren Jahren im europäischen Ausland auf.

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"Nicht beachten, weiter arbeiten"

Wolkow zeigte sich unbeeindruckt: "Nicht beachten, weiter arbeiten", kommentierte er den Fahndungsaufruf auf dem Messenger-Dienst Telegram. Nawalnys Team sieht das Vorgehen der russischen Justiz gegen den Oppositionsführer und seine Anhänger als politisch motiviert an.

In einem im Westen heftig kritisierten Prozess war Nawalny in der vergangenen Woche zu mehreren Jahren Straflager verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben soll. Im Zusammenhang mit Demonstrationen für seine Freilassung wurden Tausende Unterstützer festgenommen.

Vor allem in der Hauptstadt häufen sich Berichte über katastrophale Haftbedingungen in den Gefängnissen, die wegen der vielen Festnahmen bei den Protesten teils überfüllt sind. Vereinzelt gibt es auch Foltervorwürfe gegen Ermittler.

Für kommenden Sonntag hat Wolkow die Menschen in Russland aufgerufen, sich mit Taschenlampen vor ihren Wohnhäusern zu versammeln und so ihre Solidarität mit Nawalny zum Ausdruck zu bringen. Maria Sacharowa, die Sprecherin des Außenministeriums, bezeichnete dies als eine vom Westen gesteuerte Aktion.

Einer aktuellen Umfrage des Instituts Levada zufolge ist die Zahl der Russen, die weitere Proteste erwarten, deutlich gestiegen. Demnach rechnen 45 Prozent damit, im November waren es nur 23 Prozent. Allerdings sind der Erhebung zufolge weniger Russen bereit, sich an den Protesten zu beteiligen. Rund 15 Prozent der 1616 in 50 Regionen befragten Personen gaben an, sie würden sich an politischen Demonstrationen beteiligen. Dies war den Angaben zufolge der niedrigste Wert seit März 2018. Menschenrechtsgruppen werfen den russischen Sicherheitskräften vor, mit unverhältnismäßiger Härte gegen Demonstranten vorzugehen. Laut Beobachergruppe OVD-Info wurden bei den Protesten in den vergangenen Tagen mehr als 11.000 Menschen festgenommen.

(APA/dpa/AFP)

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