J. Akesson: Das neue Gesicht des Rechtspopulismus

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SWEDEN NATIONAL ELECTIONS(c) EPA (Fredrik Sandberg)
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Im Alter von 19 Jahren saß der Vollblutpolitiker schon im Stadtrat, zwölf Jahre später führte er die rechtstextremen Schwedendemokraten ins Parlament: Parteichef Jimmie Akesson im Portrait.

"Wir sind im Reichstag, wir sind drin", jubelt Jimmie Akesson, als die ersten Ergebnisse der schwedischen Parlamentswahl über die Fernsehschirme flimmern. "Heute haben wir politische Geschichte geschrieben."

Und das stimmt: Akessons rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) haben zum Schrecken der etablierten Parteien erstmals in ihrer Geschichte den Sprung ins Parlament geschafft. Und das zum Großteil der Verdienst des 31-Jährigen: Er machte die einst mit der Neo-Nazi-Szene in Verbindung gebrachte Randpartei durch eine populistische Generalüberholung erst wählbar, heißt es in Schweden.

(c) REUTERS (Bob Strong)

Seit fast fünf Jahren steht Akesson an der Spitze der Schwedendemokraten, jetzt ist er zu einem neuen Gesicht der erstarkenden Rechtspopulisten in Europa geworden - nach der Front National in Frankreich, der Lega Nord in Italien oder der Partei des Islam-Kritikers Geert Wilders in den Niederlanden-

Akesson ist weit entfernt vom Bild des imposanten Wikinger-Typen, der in Klischees schwedischer Rechtsextremer vorkommt. Er ist eher schmächtig, trägt sein dunkles Haar leicht gegelt, eine dickrandige Schuljungen-Brille und elegante Anzüge mit Seidentuch in der Brusttasche. Sein eher bürgerliche Äußerliche dürfte dazu beigetragen haben, dass sich das Bild der Schweden von seiner Partei, die einst aus der ultranationalistischen Bewegung "Haltet Schweden schwedisch" hervorgegangen war, änderte.

Vollblutpolitiker saß schon mit 19 im Stadtrat

Akesson ist ein Vollblutpolitiker. 1979 in der schwedischen Stadt Sölvesborg geboren, wurde er schon mit 19 Stadtrat. 1995 trat er den Schwedendemokraten bei. Damals habe es "noch immer Mitglieder gegeben, die bei Treffen in Nazi-Uniformen auftauchten", sagt die Politologin Sofia Nerbrand. Akesson räumt ein, dass es Neo-Nazis gab. "Dieses Problem hatten wir vor 15 oder 20 Jahren, aber jetzt nicht mehr", betont er. Denn seitdem habe sich die Partei vollkommen verändert. "Heute sind wir anders, und die Wähler sehen das."

"Sie sind keine Nazis, aber Rassisten"

Tatsächlich schreckt die Partei nicht davor zurück, zu extreme Mitglieder rauszuwerfen. So geschehen jüngst mit einem Kandidaten, der einen rassistischen Kommentar in einem Blog schrieb. Selbst Gegner der Bewegung räumen ein, dass die ganz rechten Extremisten inzwischen verschwunden sind. "Sie sind weit davon entfernt, Nazis zu sein, aber sie sind Rassisten", sagt der 26-jährige Student Johannes Andersson, der vor der Wahl gegen die Schwedendemokraten auf die Straße ging.

Ausländer als Wahlkampfthema

Ausländer und Kriminalität - das sind die zentralen Themen der Partei. Im Wahlkampf warb sie mit einem Video, das eine Pensionistin mit einem Rollator im Wettlauf mit Burka-Trägerinnen mit Kinderwagen um staatliche Zuwendungen zeigte. Akessons Partei verweist gerne darauf, dass 19 Prozent der Bevölkerung in Schweden inzwischen ausländische Wurzeln haben und sich die Zahl der Einwanderer zwischen 2005 und 2010 von 65.000 auf 102.000 erhöht hat. Und für Akesson gibt es einen Zusammenhang mit der Kriminalität: "Nicht alle Einwanderer sind Kriminelle, aber natürlich gibt es eine Verbindung."

Noch bei den Parlamentswahlen 1998 kamen die Schwedendemokraten nur auf 0,37 Prozent. Bei den vorletzten Wahlen im Jahr 2006 verbuchte die Partei unter Akessons Führung dann schon 2,93 Prozent. Jetzt ist sie mit 5,7 Prozent klar über die Vier-Prozent-Hürde gekommen. Im Parlament hoffen sie nun zum Zünglein an der Waage und endlich ernst genommen zu werden.

Schwedendemokraten orten "Zensur"

Denn im Wahlkampf hat sich Akesson immer wieder beschwert, dass seine Partei von den Medien gemieden werde. "Wir waren Zensur ausgesetzt und einem Medienboykott, sie haben uns ausgegrenzt", sagt er. "Uns wurde Werbung in vielen Zeitungen verweigert." Nach dem Sieg vom Sonntag tritt der 31-Jährige aber nicht nach - er gibt sich vielmehr staatstragend. "Wir wollen keine Probleme machen", sagt Akesson. "Wir werden Verantwortung übernehmen."

(Ag.)

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