Zwischen SPÖ und ÖVP spitzt sich die Auseinandersetzung um das Budget zu. Studenten und Senioren rangeln um Geld für Unis und Pflege. Erwartete Mehreinnahmen bringen eine neue Belastungsprobe in der Koalition.
Wien. „Ich schließe weder etwas ein noch etwas aus.“ Die Grünen holten sich am Mittwoch im Nationalrat eine weitere Abfuhr von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP). Es ging um die Dringliche Anfrage zu Details des Budgets 2011.
Gleichzeitig wird aber der Druck auf den Finanzminister stärker: Es wachsen die Begehrlichkeiten hinsichtlich der Einnahmen aus neuen Steuern auf Vermögen, die vor allem von der SPÖ forciert werden. Vor allem um die sogenannte Vermögenszuwachssteuer – gedacht ist an Einnahmen aus Gewinnen aus Aktienverkäufen nach dem Wegfall der einjährigen Spekulationsfrist – tobt ein regelrechter Ringkampf. Die SPÖ rechnet allein bei dieser Maßnahme mit zusätzlich 200 bis 300 Millionen Euro.
Geld für Pflegefonds gesucht
An diesem Steuergeld möchten etliche mitnaschen. Im Finanzministerium wird die Summe als Teil der Budgetsanierung angesehen. Zugleich kommen sich aber Studenten- und Seniorenvertreter ins Gehege. Denn die Pensionistenverbände von SPÖ und ÖVP melden Ansprüche auf das Geld an: Diese Mittel sollen in den seit Längerem diskutierten Pflegefonds fließen. Bisher winkt das ÖVP-geführte Finanzministerium jedoch ab. Der zuständige Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) müsse mit dem im Budgetkurs bis 2014 beschlossenen Geld das Auslangen finden.
Die Hochschülerschaft (ÖH) reklamiert die Einnahmen aus der Vermögenszuwachssteuer für die Universitäten, die unter finanziellen Schwierigkeiten leiden. In der SPÖ wird auf „Presse“-Anfrage ein Machtwort vermieden: Die Kanzlerpartei lässt vorerst offen, ob das Geld den Universitäten oder der Pflege zukommen soll.
Zwischen SPÖ und ÖVP spitzt sich auch so die Auseinandersetzung um das Budget 2011 zu. Pröll hat mit Hinweis auf erwartete steuerliche Mehreinnahmen wegen der günstigeren Konjunkturprognose angekündigt, er wolle am Sparkurs festhalten, dafür sollen aber die Steuererhöhungen geringer ausfallen. Der Koalitionspartner SPÖ stellte daraufhin zwar klar, an dem im Frühjahr vereinbarten Verhältnis – Budgetsanierung: sechzig Prozent Einsparungen, vierzig Prozent Steuererhöhungen – dürfe nicht gerüttelt werden. Wenn es tatsächlich dank der besseren wirtschaftlichen Entwicklung zu Mehreinnahmen komme, könne dies aber unter Umständen bedeuten, dass sich das Konsolidierungsvolumen „in seiner Gesamtheit“ verringert, also sowohl weniger Einsparungen als auch Steuererhöhungen notwendig werden. Experten des Finanzministeriums werden nach Vorliegen der neuesten Konjunkturprognosen ab morgen, Freitag, mit Hochdruck neu rechnen.
Teile der Kanzlerpartei, wie die starken SPÖ-Gewerkschafter um ihren Chef Wolfgang Katzian, drängen schon jetzt offen darauf, die höheren Steuereinnahmen für „Zukunftsinvestitionen“ wie Bildung, Universitäten und soziale Dienste zu verwenden. Bezeichnend auch, dass die SPÖ keinesfalls auf die geplante Bankenabgabe verzichten will.
800 Millionen von den Ländern
Die Länder wurden zu Wochenbeginn nochmals ausdrücklich zum Sparen angehalten. Dafür rückten die Staatssekretäre Andreas Schieder (SPÖ) und Reinhold Lopatka (ÖVP) aus. Sie drängten bei einem Treffen mit Beamten aller Länder darauf, dass die Länder 800 Millionen Euro an Einsparungen beitragen müssen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23. September 2010)