Die Mutter der 24-jährigen deutschen Kunststudentin, die bei dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt getötet wurde, klagt die Republik Österreich auf Schmerzengeld. Am 17. Mai wird in Wien verhandelt.
Vier Tote und 23 zum Teil schwer verletzte Opfer forderte der islamistische Terroranschlag in der Wiener Innenstadt. Der 20-jährige Attentäter K. F. war in Folge seines Angriffs - es war der 2. November 2020 - von der Polizei erschossen worden. Hinterbliebene der Opfer bzw. Überlebende fordern nun ("Die Presse“ berichtete bereits) Entschädigung von der Republik Österreich. Nun steht fest: Am 17. Mai findet im Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien - unter Corona-Bedingungen - die erste Verhandlung statt.
Den Anfang macht eine Frau, die ihre Tochter verloren hat. In ihrer Amtshaftungsklage heißt es: „Den Gegenstand dieser Klage bilden Ansprüche der klagenden Partei gegen die beklagte Partei (die Republik, vertreten durch die Finanzprokuratur, Anm.) im Zusammenhang mit den Versäumnissen des BVT und LVT (Staatsschutzbehörden, Anm.), die in weiterer Folge kausal für das Terrorattentat in Wien vom 2. 11. 2020 waren."
Basis der Klage: Im Vorfeld hatte es Hinweise auf den Täter gegeben, denen die Behörden nicht ausreichend nachgegangen sind. Eben das wird allerdings von der Finanzprokuratur zurückgewiesen. Das Verhalten von Organen der Republik sei keineswegs kausal für den Terror bzw. dessen Nicht-Verhinderung gewesen. Ein Anschlag wie dieser sei nicht abzusehen gewesen.
Hinweise auf die Gefährlichkeit des Täters
Allerdings hatte K. F. bekanntlich versucht vorher in der Slowakei Muniton für sein Sturmgewehr zu kaufen. Darüber wurden Österreichs Behörden verständigt. Zudem hatte er einige Zeit vor der Tat an einem Islamistentreffen in Wien teilgenommen. Und: Er war von vorn herein kein unbeschriebenes Blatt, da er bereits wegen Mitgliedschaft bei der Terrormiliz „Islamischer Staat“ verurteilt worden war.
Die Mutter der mit 24 Jahren zu Tode gekommen Frau - vertreten von Anwalt Norbert Wess - begehrt nun Schmerzengeld, da sie seit dem Attentat unter anderem an einer Depression leide. Und seit dem Ableben ihrer Tochter arbeitsunfähig sei. Auch Bestattungskosten macht die Frau geltend. Zudem bringt sie ein Feststellungsbegehren in Bezug auf Spätfolgen ein. Alles in allem begehrt sie etwa 125.000 Euro.
Dieser Prozess wird wohl nicht der einzige seiner Art bleiben. Im Namen von 19 Opfern bzw. Hinterbliebenen rüstet - „Die Presse“ berichtete - auch der Anwalt Karl Newole auf: Er hatte bis zuletzt gehofft (und hat die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben), dass es zu einer gütlichen Einigung mit dem Bund kommen könnte. Dass es so etwas wie einen Entschädigungsfonds geben werde.
Anwalt Newole: „Eine Regierung ohne Empathie"
Auf Befragen der „Presse“ sagt Newole - „als Staatsbürger": „Meine Mandanten und ich sind sehr enttäuscht, nahezu bestürzt: Eine Regierung, die es sich zum Markenkern auserkoren hat, Österreich vor Islamismus und Terrorismus zu schützen, man denke an die diversen Restriktion, an die Unterbindung ausländischer Geldflüsse, an die seinerzeitige Präventivhaft für Gefährder, zeigt sich im Falle des Falles extrem abweisend, empathie- und tatenlos, wenn es drei oder vier Dutzend Leute am eigenen Leib wirklich erwischt - Tote, physisch und psychisch Verletzte."
Die Opfer hätten keine finanzielle Hilfen erhalten - außer jeweils um die 2000 Euro Entschädigung gemäß Verbrechensopfergesetz.
Als Anwalt sei er der Meinung: „Die Finanzprokuratur reagiert so, wie sie eben immer reagiert: ‚Kein Fußbreit dem Volk‘.“ - „Daher müssen wir jetzt einen Prozess führen, den wir nie führen wollten." Newole weiter: „Das Problem dabei: Wir müssen das Prozessrisiko abdecken, man kann Prozesse bekanntlich auch verlieren, wer deckt für die Opfer dann die Kosten ab? Die Opfer und ich müssen das jetzt klären. Sobald das der Fall ist, werden wir die entsprechenden Schritte einleiten."