Nachbarschaftspolitik

Antrittsbesuch des neuen Regierungschefs von Liechtenstein in Österreich

APA/HANS PUNZ
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Daniel Risch (43) regiert seit dem Wahlsieg der Vaterländischen Union heuer im Februar. In Wien ging es vor allem über Corona und Steuerfragen. Liechtensteins Bande zu Österreich wurzeln im Bezirk Mödling.

Liechtensteins neuer Regierungschef und Finanzminister Daniel Risch hat am Donnerstag Österreich seinen Antrittsbesuch abgestattet. Er wurde von Bundeskanzler Sebastian Kurz empfangen und traf Finanzminister Gernot Blümel zu einem Arbeitsgespräch in Wien. Man sprach über die Covid-19-Pandemie, die Digitalsteuer und "unsere Rolle in Europa", wie Risch im Anschluss in einer Stellungnahme mitteilte.

Risch (*1978 in Grabs in der Schweiz) ist studierter Ökonom und Politiker der konservativ-liberalen Vaterländischen Union (VU). Er war in leitenden Positionen bei einem schweizerisch/deutschen E-Business-Beratungsunternehmen und der Liechtensteinischen Post tätig. Seit 25. März ist er Regierungschef des Fürstentums, zuvor war er seit 2017  Regierungschef-Vize und Regierungsrat für Infrastruktur, Wirtschaft und Sport. Er wohnt in Triesen im Süden des Landes.

Landtagswahl im Februar

Sein Amtsvorgänger, Adrian Hasler von der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP), hatte seit 2013 amtiert und im Vorfeld der Landtagswahl, die heuer im Februar stattfand, erklärt, dass er nicht mehr kandidieren werde. Bei der Wahl bekamen FBP und VU fast gleich viele Stimmen bzw. je 35,9 Prozent. Die VU lag dabei mit 72.361 Stimmen nur um 42 vor der Fortschrittspartei. Beide Parteien setzten die bestehende große Koalition fort, nunmehr eben mit Risch als Regierungschef.

Finanzminister Blümel zeigte sich zuversichtlich, dass es im Sommer zu einer Verständigung auf eine Reform des internationalen Steuerwesens kommen könnte. Ziel sei eine gerechtere Besteuerung großer Konzerne, vor allem der Digitalfirmen. Nun werde das Thema mit Toppriorität und gehäuften Arbeitsgruppensitzungen bearbeitet werden.

"Mit der Digitalsteuer sind wir als Österreich eigenständig einen Schritt vorangegangen. Die jüngsten internationalen Aussagen der neuen US-Regierung, aber auch die starke europäische Zustimmung der letzten Tage, stimmen mich optimistisch, dass es nun endlich zu einer flächendeckenden und somit für unseren Handel fairen Lösung kommen kann", sagte Blümel. "Die Konzerne profitieren von der Krise, also sollen sie spätestens jetzt auch einen anständigen Beitrag leisten, wie das jeder andere Steuerzahler in Österreich auch macht".

Die USA hatten sich unter Präsident Joe Biden für einen weltweiten Mindeststeuersatz für Unternehmen ausgesprochen. Auch Deutschland, Frankreich und der Internationale Währungsfonds (IWF) signalisierten Zustimmung.

Reiches Land mit Wurzeln in Niederösterreich

Liechtenstein hat rund 39.000 Einwohner, davon rund zwei Drittel gebürtige Liechtensteiner, die anderen sind meist Schweizer, Österreicher, Deutsche, Italiener. Das Land, das an Vorarlberg und die Schweiz grenzt, ist mit 160 km2 kleiner als Wien und großteils gebirgig, aber einer der wohlhabendsten Staaten der Welt, was an der starken Industrie (etwa Hilti, Hilcona, Thyssenkrupp Presta AG), dem Bank- und Finanzwesen sowie „Briefkastenfirmen" mit steuerrechtlichem Sitz im Fürstentum liegt. Viele Schweizer und Österreicher (hauptsächlich aus Vorarlberg) arbeiten dort, aus Vorarlberg waren es (Daten von Anfang 2020) etwa 8500 Tagespendler, das war sogar mehr als die Zahl der Tagespendler mit Ziel Schweiz (rund 7000), nach Deutschland waren es etwa 900.

Bloomberg

Als Staat existiert Liechtenstein seit 1719. Zuvor hatte das Gebiet, aufgeteilt auf zwei Herrschaften, den Grafen von Hohenems gehört, die sich aber schwer verschuldeten und die Gebiete 1699 bzw. 1712 verkauften - und zwar an Fürst Johann Adam I. Andreas von Liechtenstein. Der Stammsitz dieser uralten Dynastie, die damals auch Gebiete etwa in Böhmen und Mähren besaß, ist die Burg Liechtenstein in Maria Enzersdorf im Bezirk Mödling südlich von Wien.

1719 wurden die kleinen Territorien (Vaduz und Schellenberg) durch Kaiser Karl VI. vereinigt und zum Reichsfürstentum Liechtenstein erhoben, das noch lange aus Feldkirch in Vorarlberg aus in erster Instanz verwaltet wurde, weil es hier nur Bauerndörfer gab. Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns löste der Landtag von Liechtenstein 1919 den Zollverein mit der Monarchie und schloss 1923 einen mit der Schweiz, deren Bestandteil Liechtenstein aus wirtschaftsrechtlicher Sicht blieb. Das generelle Rechtswesen orientiert sich indes bis heute strukturell und inhaltlich großteils an Österreich, im Land sind viele Juristen von dort tätig und der Präsident des Fürstlichen Obersten Gerichtshofs in Vaduz ist typischerweise aus Österreich bzw. aus dem Oberlandesgericht Innsbruck; aktuell ist es der Innsbrucker Anwalt Hubertus Schumacher.

Der legendäre Fürst

Ihren dauerhaften Sitz verlegten die Fürsten von Liechtenstein indes erst nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 nach Vaduz. Damals zog Fürst Franz Josef II. (1906-1989, Herrschaft ab 1938) aufgrund seiner Ablehnung des Nationalsozialismus von Ostösterreich bzw. Südmähren nach Liechtenstein, auf Schloss Vaduz. Unter ihm begann die Entwicklung des Landes zu einem modernen und industrialisierten Kleinstaat. Nach wie vor liegt sehr viel Macht beim Fürsten, Liechtenstein ist eine Konstitutionelle Monarchie.

Tom Ordelman/CC BY-SA 3.0

(APA/Wolfgang Greber)

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