Olympische Spiele 2014: Sotschi, die Stadt der Baumaschinen

Sotschi Stadt Baumaschinen
Sotschi Stadt Baumaschinen(c) APA/IVAN NOVAK (IVAN NOVAK)
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Hotelbetten, Sportstätten, Energie, Umweltstrategien: In der Olympiastadt 2014 scheint es noch an allem zu mangeln. Außer an Kränen, Baggern, Bauarbeitern – und Geld.

Städte und Jahreszahlen: Was die Olympischen Spiele zusammenfügen, kann man schwer wieder trennen: Sotschi und 2014 gehören zusammen. Genauso wie Großereignisse und große Hoffnungen, die sich die Veranstalter machen. Eines steht im Vorfeld fest: Die ruhige Zeit in der russischen Kleinstadt am Schwarzen Meer ist für die nächsten Jahre definitiv vorbei.

Schon seit 2006 werden sämtliche politischen und ökonomischen Energien Russlands gebündelt, um ein Olympia-Spektakel auf die Beine zu stellen – und zu bauen, zu entwickeln und zu konstruieren, was so ein Spektakel eben braucht. Momentan gibt es in Sotschi selbst und rundherum kaum einen Platz, an dem nicht gegraben, betoniert oder geschraubt wird: Das Gebiet, in dem die bauliche Entwicklung deutlich spür- und sichtbar wird, erstreckt sich rund 60Kilometer entlang der Küste und rund 35Kilometer hinein in die Berge nach Krasnaja Poljana.

An Immobilien braucht die 330.000Einwohner zählende Stadt Sotschi vor allem eines: zehntausende Hotelzimmer für die erwarteten 7,6Millionen Besucher. Ankommen werden sie am Adler Airport Terminal, der gerade erst vergrößert und erneuert worden ist. Im „Adler Rayon“ ist auch bereits langsam, aber stetig, der riesig dimensionierte Olympische Park im Wachsen.

Baumaschinen statt Idylle

Momentan sind nur die Stahlgerippe der Stadien und Sporthallen zu sehen, die dort entstehen. Aber es wird mit Hochdruck an einer baldigen Fertigstellung der baulichen Infrastruktur für die Olympischen Spiele gebaut. Laut Plan soll schon in dieser Wintersaison der Probebetrieb für einen Großteil der Sportstätten beginnen. Nicht nur entlang der Küste, sondern auch hoch oben in den Bergen ist es mit der idyllischen Ruhe vorbei. Vor einigen Jahren haben reiche Russen noch ihre Heliskiing-Ausflüge inmitten unberührter und geschützter Natur gemacht. Jetzt fahren Konvois von Baumaschinen auf, um den Zeitplan einhalten zu können.

Mit ganzer Energie

Angefangen hat die Entwicklung mit der Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), die 2007 in Guatemala City, gefällt wurde. „Wladimir Putins höchst überzeugende Präsentation“ gab den Ausschlag für Sotschi, wie das japanische Jurymitglied Sinhitiro Okano damals bemerkte. Die russische Regierung erklärte das Projekt Sotschi2014 sofort zur allerhöchsten Priorität und kümmerte sich auch um die Akquirierung potenzieller Investoren. Laut dem „Federal Target Program for the Development of Sochi“ (FTP) sollen bis 2014 rund neun Milliarden Euro in die unterschiedlichsten strukturellen Maßnahmen investiert werden. Diese betreffen vor allem Transport, Bildung, Kommunikation, Energieversorgung, Abfallbeseitigung, Beherbergung und natürlich die Errichtung der Sporteinrichtungen. Vor allem die Versorgung mit ausreichend elektrischer Energie, Heizwärme und Kommunikationsinfrastruktur war anfangs ein großes Problem. Es mussten neue Kraftwerke gebaut werden und Strom zugekauft werden.

Der geplante „Kraftwerkspark Sotschi 2014“ beherbergt nun eine Kombination aus Erdgas- und Wasserkraftwerken und soll auch nach 2014 bis zu 80Prozent des Energiebedarfes der Region Krasnodar abdecken. Das besagt die bei der Deutschen Energie-Agentur in Auftrag gegebene Studie „Sotchi – Energieeffizienz Olympische Winterspiele 2014“.

Die Zeit danach

Die Nachhaltigkeit ist bei Projekten dieser Größenordnung eine der Hauptfragen. Was kommt danach? Und was wird aus dem, was man so rasch gebaut hat? Bestrebungen zur nachhaltigen Nutzung und Verwertung sind zumindest auf dem Bildungssektor zu erkennen. Die Gründung einer Olympia-Universität ist etwa im Gespräch. Internationale Athleten, zukünftige Ausrichter Olympischer Spiele und Managementpersonal sollen in Sotschi einen Pool an Know-how vorfinden, um sich auf die Schwierigkeiten und vielfältigen Aufgaben in Organisation und Planung eines Großereignisses vorbereiten zu können. „In eine ähnliche Richtung zielt auch die Positionierung der Stadt Sotschi als Kongressstandort nach 2014“, wie Andreas Hofer vom Institut für Städtebau an der TU Wien sagt. Er betont auch die positiven Effekte, die Partnerschaften zwischen der Universität Sotschi, der TU Wien und den Kärntner Tourismusschulen (KTS) hätten. Mitte Oktober planen die KTS neuerlich eine Konferenz in Sotschi abzuhalten, um die Kooperation zu vertiefen und neue Kontakte zu knüpfen.

Einwände von Umweltschützern

Kritik an manchen Bauprojekten hagelt es vonseiten der Umweltschützer, vor allem vom WWF und von Greenpeace. Schließlich liegt das neu errichtete Skiresort inmitten des westkaukasischen Unesco-Weltnaturerbes Krasnodar. Den Umweltschutzinitiativen wurden von offizieller Seite Zusicherungen gemacht und Dialog versprochen. Realisiert wurde davon im Gegensatz zu den Bauvorhaben im Naturpark nichts. Der Greenpeace-Experte Michail Krejndlin meinte gegenüber der Zeitung „Kommersant“: „Unsere Aktivitäten beschränken sich auf den Koordinationsrat, aber alle seine Entscheidungen und Wünsche werden gebrochen oder ignoriert.“ Der Olympia-Baukonzern Olympstroi weist die Anschuldigungen zurück. Er vermeldete, dass man bei der Standortsuche die Empfehlungen und Änderungswünsche der Umweltschützer sehr wohl berücksichtigt habe. Doch der Verdacht auf Umweltsünden bleibt. Zumal verschiedene Umweltgutachten im Rahmen des rasanten Baufortschritts innerhalb nur weniger Wochen von einigen wenigen Zoologen erstellt wurden, wie der WWF kritisierte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2010)

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