OLG Wien

"Weggesperrt und rechtlos": Kritik an Entscheidung zum Maßnahmenvollzug in Österreich

Der Rechtsanwalt spricht von einem "Mühle-auf-Mühle-zu-Spiel": keine Entlassung, weil keine Vollzugslockerung, keine Lockerung, weil vom Gericht nicht entlassen.
Der Rechtsanwalt spricht von einem "Mühle-auf-Mühle-zu-Spiel": keine Entlassung, weil keine Vollzugslockerung, keine Lockerung, weil vom Gericht nicht entlassen.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Oberlandesgericht Wien habe Untergebrachten das Recht genommen, ein Gericht anzurufen, wenn die Justizanstalt ihnen generell Vollzugslockerungen verwehrt, kritisiert Rechtsanwalt Graupner. Ihnen würden damit auch noch „die letzten Minirechte genommen“.

Scharfe Kritik an einer grundsätzlichen Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien zum Maßnahmenvollzug übte am Dienstag der Rechtsanwalt Helmut Graupner: Das OLG habe Untergebrachten das Recht genommen, ein Gericht anzurufen, wenn die Justizanstalt ihnen generell Vollzugslockerungen verwehrt. Damit könnten sie sich gar nicht mehr gegen das "Mühle-auf-Mühle-zu-Spiel" - keine Entlassung, weil keine Vollzugslockerung, keine Lockerung, weil vom Gericht nicht entlassen - wehren.

Das Straflandesgericht Wien habe dieses "Spiel" 2016 als "geradezu unerträglich" bezeichnet und der Justizanstalt die Einleitung von Vollzugslockerungen aufgetragen. Das sei nach der neuen Entscheidung des OLG Wien (das für Vollzugssachen zuständige Höchstgericht) nicht mehr möglich. Insassen von Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher seien jetzt "nicht mehr nur (potenziell lebenslang) weggesperrt, sondern insoweit auch rechtlos", kritisierte Graupner.

„Die letzten Minirechte genommen"

Das OLG habe ihnen "auch noch die letzten Minirechte genommen". In Umkehrung der bisherigen Judikatur habe es nämlich festgestellt, dass nur dann ein Recht auf gerichtliche Überprüfung besteht, wenn ganz konkrete, zeitlich und örtlich eingegrenzte Lockerungen beantragt werden. Dies aber sei für Untergebrachte fast unmöglich, weil von den organisatorischen Gegebenheiten der Justizanstalt abhängig. Und wenn sie es ausnahmsweise doch einmal könnten, werde das beantragte Datum bis zur Gerichtsentscheidung bereits vergangen sein: Denn sowohl der Anstaltsleiter als auch danach das Gericht haben je sechs Monate Zeit bis zur ihrer Entscheidung.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) haben vor Kurzem einen Entwurf für die Reform des Maßnahmenvollzugs vorgestellt. Für das geschilderte Problem sei aber keine Änderung vorgesehen, betonte Graupner in einer Aussendung.

(APA)

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