Haydn-Festival

Geknechtete Künstler in Rohrau

ORF/APA
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Zum 17. Mal bittet der Geburtsort der Komponisten-Brüder Joseph und Michael Haydn zum musikalischen Wochenende. Hebert Föttinger rezitiert.

Am heutigen Samstag beginnen in Rohrau, dem Geburtsort der Komponisten-Brüder Joseph und Michael Haydn, die 17. Haydn-Tage, die Christoph Angerer wieder apart programmiert hat. Mit Konzerten und Lesungen wird eine Zeit lebendig, in der Musikschaffende noch zu den Lakaien gezählt wurden.

Joseph Haydn war noch in den Jahren um 1800, als er längst der berühmteste Komponist Europas war, hofiert von Paris und London, zumindest auf dem Papier ein Bediensteter Fürst Esterházys. Als junger Mann trat er in dessen Dienste und wurde zum Vizekapellmeister neben Gregor Joseph Werner.

Die Arbeit im damals völlig isolierten, abgelegenen Eisenstadt und in Esterháza beflügelte mangels direkter Anregungen die Fantasie des Komponisten und trug damit zur Entstehung dessen bei, was wir heute unter klassischem Stil verstehen: „So musste ich original werden“, meinte Haydn selbst. Sein Bruder, von den Zeitgenossen ebenso geschätzt, wirkte im Salzburg von Vater und Sohn Mozart.

Das Festival Rohrau bringt immer wieder Werke der beiden Meister zum Klingen, die es nicht ins kollektive Bewusstsein der Musikwelt geschafft haben. Der Reigen der Entdeckungen hebt im Geburtshaus Michael und Joseph Haydns an, um zehn Uhr mit einem Konzert Richard Fullers, der auf dem historischen Hammerklavier aufspielt – bei freiem Eintritt.

Verträge und Liebschaften

Um elf Uhr folgt am selben Ort ein Konzert, bei dem Verena Kronseder auf jenem Instrument musiziert, für das Joseph als Kapellmeister des Fürsten Esterházy unzählige Werke komponierte und das heute nur noch seinetwegen bekannt ist: dem Baryton. Dem Cello verwandt, aber mit Bordunsaiten versehen, die im Hintergrund stetig mitklingen, war es des Fürsten Lieblingsinstrument. So entstanden dutzendweise Solowerke und Trios.

Nach einem Mittagessen und einer geführten Wanderung durch den Schlosspark Rohrau setzt sich die Konzertfolge im Clarissesaal des Ballhauses neben dem Schloss fort, mit einem Auftritt des Concilium musicum unter Christoph Angerer (16 Uhr). Um 18 Uhr gibt es eine Gelegenheit, die Gemäldesammlung im Harrach-Schloss zu besichtigen.

Am Sonntag (27. Juni) folgt nach Richard Fullers morgendlicher Intrada ein Konzert des Quartetto Adorno (elf Uhr), bei dem zwischendurch Herbert Föttinger aus Briefen und Zeitdokumenten lesen wird. Etwa dem Vertrag, den Joseph Haydn als junger, unbekannter Musicus einst unterschreiben musste. Die Texte beleuchten seine Lebensumstände, durchaus mit amourösen Untertönen.

Sonntagnachmittag (16 Uhr) konzertiert wiederum das Concilium musicum. Zu hören sind an diesem Wochenende ausschließlich Werke der Brüder Haydn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2021)

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