Nach Urteil: "Man hat den Soldaten Kerviel getötet"

Former trader Kerviel arrives with his lawyer at a Paris court for the verdict in his trial
Former trader Kerviel arrives with his lawyer at a Paris court for the verdict in his trial(c) Reuters (Charles Platiau)
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Der verurteilte französische Skandalhändler Jerome Kerviel beklagt die Härte des Urteils. Er wurde zur Zahlung von 4,9 Milliarden Euro verurteilt. Kerviel hofft nun auf das Berufungsverfahren.

Der französische Skandalhändler Jerome Kerviel hat die gegen ihn verhängte Haftstrafe zusammen mit Schadenersatzzahlungen in Milliardenhöhe beklagt. Er habe das Gefühl, er solle "für alle bezahlen", sagte der 33-jährige Franzose am Mittwochabend nach dem in Paris verkündeten Gerichtsurteil. "Ich bin niedergeschlagen angesichts der Härte der Strafe und des Umfangs der Verantwortung, die mir in dem Urteil zugewiesen wird", sagte der frühere Händler der französischen Großbank Societe Generale dem Radiosender Europe 1.

Das Gericht hatte ihn wegen seiner Milliardenspekulationen zu fünf Jahren Haft verurteilt, davon zwei auf Bewährung, sowie zur Zahlung von 4,9 Milliarden Euro.

"Hat den Soldaten Kerviel getötet"

"Ich habe wirklich das Gefühl, dass man mich für alle bezahlen lassen will und dass die (Societe) Generale gerettet werden sollte und dass man dafür den Soldaten Kerviel getötet hat", sagte der Ex-Trader, der Berufung gegen das Urteil angekündigt hat. Kerviel hatte mit bis zu 50 Milliarden Euro spekuliert und die Societe Generale damit an den Rand des Ruins gebracht. Der Bank entstand Anfang 2008 dadurch ein Schaden in Höhe von 4,9 Milliarden Euro.

Der Angeklagte hatte in dem Prozess "Irrtümer" eingeräumt. Seine Vorgesetzten hätten aber von seinen Geschäften gewusst und sie gebilligt, solange er Gewinne machte. Das Gericht hatte der Bank allerdings keinerlei Schuld zugewiesen. Das Urteil war bei Parteien, aber auch bei Bankbeschäftigten auf Kritik gestoßen.

"Bin nicht arrogant aufgetreten"

Kerviel kündigte an, dass er im Berufungsverfahren ausreichende Beweise dafür vorlegen werde, dass er nicht der Einzige war, der von den Geschäften wusste. "Seit Beginn der Ermittlungen habe ich immer meinen Teil der Verantwortung anerkannt", sagte er. "Ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass ich im Prozess arrogant aufgetreten bin (...) und schon gleich nicht zynisch", fügte er hinzu. Dies war ihm unter anderem von den Richtern vorgeworfen worden.

Kerviel, der heute als Berater für ein Informatikunternehmen arbeitet, hat nach eigenen Angaben ein Monatsgehalt von 2300 Euro. Um die 4,9 Mrd. Euro an seinen früheren Arbeitgeber zurückzuzahlen, bräuchte er mehr als 170.000 Jahre - wenn er seinen gesamten Verdienst abgeben würde. Die französische Regierung regte daher an, dass die Bank auf einen Teil des Geldes verzichten könnte. Regierungssprecher Luc Chatel sagte am Donnerstag, die Société Générale könnte sich "vielleicht" zu einer Geste bei den Milliardenzahlungen durchringen.

(APA)

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