Medien

Bornemann: "ORF darf nicht durch parteipolitische Interessen ruiniert werden"

Bei der Concordia Preisverleihung kritisierte ORF-Redakteurssprecher Dieter Bornemann den zunehmenden Einfluss der Politik auf die Medien.

Montagabend wurden die Concordia-Preise für außerordentliche publizistische Leistungen im Parlament verliehen. Und bei der Gelegenheit gab es heftige Kritik am politischen Einfluss auf den ORF. Denn der Preisträger in der Kategorie Pressefreiheit war Dieter Bornemann. Der Vorsitzende des ORF-Redakteursrates, der sich immer wieder mit kritischen Stellungnahmen zu Vorgängen im und um den ORF äußert, erhielt den Preis für seine Bemühungen um die Unabhängigkeit des ORF. Bornemann warnte in seiner Dankresrede vor einer Besetzung wichtiger ORF-Führungspositionen nach "politischer Farbenlehre" und forderte eine Reform des Stiftungsrats.

Seine "große Freude" über die Auszeichnung sei getrübt durch seinen Ärger über die heimische Medienpolitik, sagte Bornemann. Wirtschaftlicher Druck lasse Redaktionen wie Gletscher schmelzen, während eine "Flutwelle" an Propaganda und PR von Ministerien, Parteien und Unternehmen sie mit ihrem Spin überschwemme. Statt offener Pressekonferenzen gebe es Hintergrundgespräche, zu denen selektiv eingeladen werde. Bei Interviews werde man für kritische Fragen rasch als "Feind" angesehen, der vom Informationsfluss abgeschnitten werden müsse, bemängelte Bornemann. "Von unabhängiger, kritischer Berichterstattung haben sich viele im Politikbetrieb offenbar schon verabschiedet", meinte er und warnte davor, dass Medien "immer mehr zum Werkzeug der Politik" mutieren.

„Wen Kanzler Kurz am Chefsessel haben möchte"

Dabei nahm er auch seinen Arbeitgeber nicht aus. Bei der kommenden ORF-Wahl gehe es "leider nicht um die besten Ideen", sondern darum, wen "Bundeskanzler Sebastian Kurz auf dem Chefsessel haben möchte“. Der Stiftungsrat bestimme nur formal. Das Gremium brauche eine Reform und müsse auf eine breite zivilgesellschaftliche Basis gestellt werden, forderte Bornemann. Der geplante multimediale Newsroom werde „vermutlich nicht“ mehr Pluralismus bringen, vielmehr soll es „vor allem schneller und effizienter werden“. Sollten die neu entstehenden Führungspositionen nicht nach Qualifikation, sondern „nach politischer Farbenlehre“ vergeben werden, werde der Newsroom "keine große Zukunft" haben. "Der ORF darf nicht durch kurzfristige parteipolitische Interessen ruiniert werden“, so Bornemann.

"Er verteidigt die ORF-Journalisten couragiert gegen ungerechtfertigte Angriffe von außen wie von innen und zwar ohne Rücksicht auf seine persönliche Karriere", begründete Juryvorsitzende Heide Schmidt die Entscheidung für Bornemann. In seiner Laudatio würdigte „ZiB2"-Anchor Armin Wolf diesen als unermüdlichen und unerschrockenen Kämpfer für den ORF und seine Kollegen. Mit seinem Engagement sorge er dafür, dass die ORF-Redaktionsstatute gelebt werden.

„Profil"-Team siegt in der Kategorie Menschenrechte

Ein "profil"-Team bestehend aus dem Außenpolitik-Ressortleiter Robert Treichler, Emran Feroz und Sayed Jalal Shajjan wurde in der Kategorie Menschenrechte für ihre Reportage "Der Mann aus Nirgendwo" ausgezeichnet. Darin wird die Geschichte des Flüchtlings Yusuf erzählt, dessen Identität und Herkunft ungeklärt sind. Die Jury würdigte den Text als "sorgfältig recherchiertes und feingezeichnetes Porträt eines Asylsuchenden, das ganz ohne Klischees auskommt und dem Protagonisten ebenso wie den Argumenten der Asylbehörde Raum gibt".

Der "profil"-Kolumnist Georg Hoffmann-Ostenhof hielt die Laudatio für Treichler. Sein nüchterner, schnörkelloser, nicht moralisierender Stil mache den Text so stark. "Wer den Text liest, versteht, dass Menschenrechte nicht an Integrationswillen gebunden sein dürfen. Sie müssen auch für den Mann aus Nirgendwo gelten", sagte Hoffmann-Ostenhof. Treichler liefere "verlässlich gut geschriebene Reportagen, die nicht Partei ergreifen". Die Schlussfolgerungen überlasse er den Lesern und Leserinnen. "Mit Treichler wird integrer, aufklärerischer Qualitätsjournalismus gewürdigt, den wir in dieser Zeit dringend brauchen", meinte der "profil"-Kolumnist.

(Apa/red.)

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