Nobelpreis: China straft Norwegen ab

Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo
Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo(c) REUTERS (BOBBY YIP)
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Die chinesische Regierung hat wegen der Verleihung des Friedensnobelpreises ein Treffen mit einer norwegischen Ministerin abgesagt. Indes wurde die Frau des Nobelpreisträgers Liu Xiaobo unter Hausarrest gestellt.

Die Vergabe des Nobelpreises zeigt erste konkrete Auswirkungen auf die Beziehungen zu Norwegen. Der norwegische Fernsehsender NRK berichtete am Montag, China habe ein für diese Woche anberaumtes Treffen mit der norwegischen Fischereiministerin Lisbeth Berg-Hansen unter Verweis auf die Nobelpreis-Entscheidung abgesagt.

"Faktisch unter Hausarrest"

Abgesehen davon wird die Frau des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo seit dem Gefängnis-Besuch bei ihrem Mann festgehalten. "Freunde, ich bin zurück Zuhause. Am 8. (Oktober) wurde ich unter Hausarrest gestellt", wurde am Montag über die Twitter-Adresse von Liu Xiaobos Frau Liu Xia mitgeteilt. 

Liu Xia stehe in ihrer Wohnung in Peking "faktisch unter Hausarrest", teilte die Rechtsberaterin der US-Menschenrechtsorganisation Freedom Now, Beth Schwanke, mit. Zwar werde Liu Xia keine Straftat vorgeworfen, sie dürfe ihre Wohnung aber auf Anordnung der Behörden nicht verlassen. "Wir hoffen, dass die ausländischen Staatschefs dieses schändliche Vorgehen der chinesischen Regierung umgehend verurteilen", sagte Lius Rechtsbeistand Yang Jianli nach Angaben der US-Organisation.

EU-Diplomat darf Frau nicht besuchen

Auch einem europäischen Diplomaten den Zugang zu der unter Hausarrest stehenden Frau des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo in Peking verweigert. Im Auftrag von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hatte der Diplomat am Montag eine Botschaft mit Glückwünschen überreichen wollen. "Uns wurde aber der Zugang zu dem Wohnkomplex verweigert", berichtete der Diplomat. "Eine Erklärung wurde uns nicht gegeben." Er habe sich auch nach dem Wohlergehen von Liu Xia erkundigen wollen, sagte der EU-Diplomat, der die Frau nach eigenen Angaben bereits früher mehrere Male getroffen hatte.

Liu Xia hatte sich am Samstag mit ihrem Mann im Gefängnis in der nordost-chinesischen Provinz Liaoning getroffen und ihn dabei auch über seine Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis informiert. Liu Xiaobo habe mit Tränen auf die freudige Nachricht aus Oslo reagiert. "Dieser Preis ist den verlorenen Seelen vom 4. Juni gewidmet", zitierte Liu Xia demnach ihren Mann im Gespräch mit der in New York ansässigen Organisation Human Rights in China (HRIC). Die Opfer des Massakers auf dem Platz des himmlischen Friedens hätten ihr Leben "für den Frieden, die Freiheit und die Demokratie" gegeben.

Dutzende Festnahmen

Nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an den führenden Kopf der Demokratiebewegung ging die Polizei mit harter Hand gegen Freunde und Unterstützer vor. Dutzende wurden festgenommen, unter Hausarrest gestellt oder verschwanden. Mindestens zwanzig Aktivisten wurden allein bei einer Feier am Freitagabend festgenommen. Unter ihnen waren die Dissidenten Wang Lihong, Zhao Changqing und Liu Jingsheng, der nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 acht Jahre in Haft gesessen hatte.

Weitere Festnahmen folgten am Wochenende. Die Mobiltelefone zahlreicher Dissidenten waren entweder abgeschaltet oder besetzt. Die Polizei hielt auch den Dissidenten Qi Zhiyong unter Hausarrest. "Ich wollte rausgehen und feiern, aber die Polizei erlaubte es mir nicht", sagte Qi Zhiyong, der bei dem Massaker vom 4. Juni 1989 ein Bein verloren hatte, telefonisch der Deutschen Nachrichtenagentur (dpa).

Der Bürgerrechtsanwalt Teng Biao berichtete über den Kurznachrichtendienst Twitter, von drei Agenten der Staatssicherheit auf dem Weg zu einem Treffen mit einem Journalisten abgefangen worden zu sein. Er sei in ein Auto verfrachtet und weggebracht worden. Der Aktivist hatte schon vorher die Befürchtung geäußert, dass die Vergabe des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo zu einer verschärften Verfolgung führen werde. "Sie werden die Kontrolle der heimischen Dissidenten noch verstärken", hatte Teng Biao am Freitag der dpa gesagt.

(Ag.)

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