Der afghanische Vizepräsident Saleh sieht sich als legitimer Präsident des Landes. Er dürfte im Panjshir-Tal Zuflucht gefunden haben, das auch in den 1990er-Jahren nicht von den Taliban eingenommen werden konnte.
Als der Präsident der islamischen Republik Afghanistan, Ashraf Ghani, ins Ausland geflohen war, wurde den Menschen im Land und weltweit klar: Die Taliban haben die Macht über das gesamte Land in ihren Händen. Über das ganze Land? Nicht ganz. Das Panjshir-Tal etwas nördlich der Hauptstadt Kabul leistet Widerstand - wie schon vor 30 Jahren im Bürgerkrieg als der später ermordete Ahmad Schah Massud, genannt „der Löwe von Panjshir“ von dort aus die Nordallianz gegen die Taliban kommandierte und Tausende Flüchtlinge im Tal Zuflucht fanden.
Auch der eigentlich amtierende Vizepräsident soll nun in die Region geflüchtet sein. Er ließ am Dienstag abermals wissen, dass er sich als legitimer Anführer des Landes sehe, seit Präsident Ghani das Land verlassen habe.
Saleh hatte schon am Wochenende betont, er wolle nicht mit den militant-islamistischen Taliban zusammenarbeiten. Er werde sich nie den Taliban beugen und so das Vermächtnis seines Helden Ahmad Shah Massud betrügen. Berichten zufolge floh Saleh - so wie viele weitere Sicherheitskräfte auch - ins Panjshir-Tal.
Die Provinz stand bis zuletzt unter vollständiger Kontrolle der Regierung. Die Taliban hatten diese auch wegen ihrer besonderen geografischen Lage auch während ihrer Herrschaft 1996 bis 2001 nicht einnehmen können. Vizepräsident Saleh ist im Panjshir-Tal geboren, wo er unter Massud gegen die Taliban kämpfte, bevor dieser durch einen Selbstmordanschlag zwei Tage vor dem Terror in den USA an 9/11 selbst getötet wurde. Saleh soll von indischen Geheimdiensten trainiert worden sein, bevor er vom Posten des afghanischen Geheimdienstchefs bis zum Vizepräsidenten aufstieg.
Nun könnte er gemeinsam mit dem Sohn des Volkshelden Massud, er heißt wie sein Vater Ahmad Massud, vom Panjshir-Tal aus erneut den Widerstand koordinieren. Bilder auf Twitter zeigen die beiden bei einem Treffen. BBC-Journalistin Yalda Hakim bestätigt dieses: „Eine Anti-Taliban-Koalition scheint sich zu bilden, einschließlich Vizepräsident @AmrullahSaleh2 und Ahmad Massud, Sohn von Ahmad Shah Massud - sie sind in Panjshir, etwa drei Autostunden von Kabul entfernt.
Die Provinz ist nach dem gleichnamigen Fluss benannt, der das enge Tal durchfließt. Eine Fernstraße durch das Tal verbindet Kabul mit der weiter nordöstlich gelegenen Provinz Badachschan. Das Tal ist durch seine Enge und gut kontrollierbaren Einfahrtsstraßen nur schwer einzunehmen.
(Red.)