Justiz

Doch noch eine Razzia im ÖVP–Umfeld

Archivbild von Andreas Hanger, der am Dienstag kurzfristig zu einer Pressekonferenz geladen hatte.
Archivbild von Andreas Hanger, der am Dienstag kurzfristig zu einer Pressekonferenz geladen hatte.APA/HERBERT NEUBAUER
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Nach Hausdurchsuchung bei der engsten Mitarbeiterin des früheren Öbag-Chefs Thomas Schmid beschwert sich die ÖVP über „linke Zellen“ bei der Staatsanwaltschaft.

Wien. Mit Gerüchten, es werde bald eine Hausdurchsuchung bei der ÖVP geben, war die stellvertretende Generalsekretärin Gaby Schwarz in einer etwas skurrilen Pressekonferenz vor wenigen Tagen an die Öffentlichkeit gegangen. Am Dienstag fand die Razzia tatsächlich statt – aber nicht bei der ÖVP, sondern bei der engsten Mitarbeiterin des früheren Öbag-Chefs Thomas Schmid.

Wie der „Kurier“ berichtet, wurde die Wohnung der Schmid-Mitarbeiterin durchsucht, ebenso ihr Auto und die Wohnung ihrer Eltern. Dabei wurde ein Laptop beschlagnahmt. Grund für die Durchsuchung war die Aussage der Mitarbeiterin bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die schon vor mehr als einem Jahr stattfand. Dort gab sie an, sie wisse nicht, ob sie noch Unterlagen aus ihrer Zeit im Finanzministerium habe, glaube das aber nicht. Die Staatsanwaltschaft ging offensichtlich davon aus, dass noch Unterlagen vorhanden sind und wollte selbst nachsehen. Erfolglos, wie die Schmid-Mitarbeiterin im Gespräch mit der „Presse“ mitteilte: Schon am Abend habe sie die beschlagnahmten Geräte wiederbekommen, die gesuchten Daten hätten sich nach Aussagen der Ermittler nicht darauf befunden.

Dass Ermittlungsschritte der WKStA in der Causa Casinos bevorstehen, war schon vorher klar gewesen: Die Staatsanwaltschaft hatte Teile des Aktes von der Akteneinsicht ausgenommen, was genau darauf hindeutet: Niemand soll vor einer Hausdurchsuchung oder ähnlichem gewarnt sein.

Es ist wohl kein Zufall, dass die ÖVP kurz nach der Razzia bei der Schmid-Mitarbeiterin überraschend und kurzfristig eine Pressekonferenz einberief. Schon der Titel ist ein Frontalangriff auf die WKStA: „Sind die linken Zellen der WKStA am linken Auge blind?“ Andreas Hanger, ehemaliger Fraktionsführer der ÖVP im Ibiza-Untersuchungsausschuss schloss nahtlos an die Pressekonferenz von Gaby Schwarz an und sprach von sich verdichtenden Gerüchten, dass es Hausdurchsuchungen bei der ÖVP geben werde. Hinweise dafür nannte er keine, auch die Razzia bei der Schmid-Mitarbeiterin war zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich bekannt.

Die Wiederholung einer PK

Neue Erkenntnisse als Grundlage für die überstürzte Einberufung der Pressekonferenz gab es aber offensichtlich keine: Hanger präsentierte jene Argumente gegen die WKStA, die er schon mehrmals vorgebracht hat. So gab er am 1. Juni eine Pressekonferenz, in der er genau jene zwei Punkte vorbrachte, die auch diesmal als Beleg für angebliche „linke Zellen“ in der WKStA herhalten mussten: Erstens geht es um den früheren Wiener Bürgermeister Michael Häupl. Der habe im Untersuchungsausschuss zum Krankenhaus Nord über ein Telefonat erst nicht aussagen wollen und dann behauptet, er könne sich nicht mehr erinnern. Und das sei eine „offensichtliche Lüge“, die Staatsanwaltschaft müsse da wegen falscher Zeugenaussage ermitteln (was sie freilich auch bei anderen Zeugen mit wenig glaubwürdigen Erinnerungslücken nicht gemacht hat).

Das andere, ebenso schon am 1. Juni präsentierte Beispiel betrifft die Chats zwischen ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und Öbag-Chef Thomas Schmid. Diese seien von der WKStA nicht an den U-Ausschuss übermittelt worden, obwohl sie Relevanz für das Untersuchungsthema hatten. Eine Darstellung, die so nicht ganz stimmt: Die WKStA hat die Katzian-Chats nicht in den Strafakt aufgenommen. Für die Vorlage der anderen Unterlagen waren andere Stellen in die Justiz zuständig – die Katzian-Chats wurden sehr wohl geliefert, aber eben später als der Strafakt.

Mit einem Gegenbeispiel, dass die WKStA eben nicht „auf dem linken Auge blind“ ist, wurde Hanger von Journalisten konfrontiert: Ausgerechnet einer jener Staatsanwälte, die Hanger den „linken Zellen“ zuordnet, war für die Anklage und Verurteilung des früheren Salzburger SPÖ-Bürgermeisters Heinz Schaden zuständig. Darauf hatte Hanger keine Antwort – kündigte aber schon die nächsten Pressekonferenzen zum Thema an.

„Bedenklich und unwürdig“

Heftige Kritik an den Ausführungen Hangers gab es nicht nur von der Opposition und vom Koalitionspartner, den Grünen. „Wir sind nicht 'links' oder 'rechts', sondern sind ausschließlich dem Recht verpflichtet“, heißt es in einer Stellungnahme der Vereinigung der Staatsanwälte. Und der frühere ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath, jetzt Proponent des Antikorruptionsvolksbegehrens, meint, derartige Attacken seien „einer Regierungspartei unwürdig und demokratiepolitisch bedenklich“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2021)

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