Steuerreform

Rechenbeispiele: Klimabonus wertet Gleiches teils ungleich

Das Momentum Institut hat den "Klimabonus" nachgerechnet und vor allem bei Pensionisten starke Unterschiede bemerkt.
Das Momentum Institut hat den "Klimabonus" nachgerechnet und vor allem bei Pensionisten starke Unterschiede bemerkt. (c) Clemens Fabry, Presse
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Berechnungen des sozialliberalen Momentum Instituts zufolge kann dasselbe klimaschädliche Verhalten einen deutlichen Unterschied machen - je nach Wohnort.

Der von der türkis-grünen Bundesregierung als Ausgleich für die CO2-Bepreisung präsentierte Klimabonus wertet zum Teil Gleiches ungleich. Wie Berechnungen des sozialliberalen Momentum Instituts zeigen, kann beim selben klimafreundlichen bzw. klimaschädlichen Verhalten ein beträchtlicher Unterschied beim Klimabonus herausschauen, abhängig davon, wo man wohnt.

Als erstes Beispiel wurde ein Singlehaushalt mit einer 50 Quadratmeter großen, mit Fernwärme beheizten Mietwohnung angenommen. Pro Jahr legt der Single rund 15.000 Kilometer mit seinem mit Benzin betriebenen Pkw zurück. In Wien erhält er 100 Euro Klimabonus und steigt am Ende mit 10,24 Euro aus, wenn man die für den verfahrenen Benzin fällig werdende CO2-Steuer von 89,76 abzieht. Wohnt betreffender Single jedoch nicht in Wien sondern in Innsbruck, dann freut er sich bei gleichem Verhalten über 43,24 Euro Gewinn (CO2-Steuer: 89,76, Klimabonus: 133 Euro).

Eine noch größere Differenz ergibt sich bei folgender Annahme: Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern, die als Kassierin im lokalen Supermarkt arbeitet und zu Fuß in die Arbeit geht, wodurch sie auf das Auto verzichten kann, lebt in einer Mietwohnung mit 70 Quadratmetern. Beheizt wird diese mit einer Ölheizung. Findet sich dieses Szenario in der steirischen Stadt Leoben dann steigt die Frau am Ende mit einem Plus von 174,41 Euro aus (CO2-Steuer Heizung: 91,59 Euro, Klimabonus 133 Euro plus Klimabonus Kinder 133 Euro). Lebt sie jedoch in der Marktgemeinde Lassee im niederösterreichischen Bezirk Gänserndorf kann sie sich über 308,41 Euro freuen (CO2-Steuer Heizung: 91,59 Euro, Klimabonus 200 Euro plus Klimabonus Kinder 200 Euro).

Auch für eine Familie mit zwei Kindern, die in einem 120 Quadratmeter großen, mit Erdwärme beheizten Eigenheim lebt, macht es einen großen Unterschied, ob das Haus in Deutsch-Wagram oder in Mödling steht. Angenommen wurde, dass der Vater jährlich mit einem Diesel-Pkw 40.000 Kilometer und die Mutter mit einem Benzin betriebenen Auto 20.000 Kilometer zurücklegt. In Deutsch-Wagram bleiben am Ende 133,56, in Mödling hingegen nur 31,56 Euro, bedingt durch den regional gestaffelten Klimabonus.

Eine Familie mit vier Kindern, die ein 230 Quadratmeter großes Eigenheim, das mit Pellets beheizt wird, ihr eigen nennt, freut sich in Wolkersdorf im Weinviertel über ein Plus von 424,44 Euro, in Mayrhofen im Zillertal darf sich die selbe Familie gar über 556,44 Euro freuen. Angenommen wurde bei diesem Beispiel, dass der Vater mit einem Benziner 20.000 km im Jahr zurücklegt, die Mutter ebenso viele mit einem Diesel-Pkw.

Am eklatantesten ist aber der Unterschied bei einem Pensionisten-Ehepaar, das eine 90 Quadratmeter große Eigentumswohnung unterhält, die mit Gas bzw. Öl warm gehalten wird, und das 20.000 Kilometer pro Jahr mit einem Diesel-Fahrzeug zurücklegt. Wohnt das Paar nämlich in Wien verbucht es nach CO2-Steuer und Klimabonus ein Minus von 42,73 Euro, lebt es jedoch in Aurach bei Kitzbühel freut sich das Börserl um zusätzliche 157,27 Euro.

Tölgye: Regionale Differenzierung "nicht sachgerecht"

Als "nicht sachgerecht" kritisierte Klima-Ökonom Joel Tölgyes vom sozialliberalen Momentum Institut die regionale Differenzierung, wiewohl die Rückverteilung über einen Pro-Kopf-Bonus "an sich" eine gute Idee sei. Zudem wurde auf die Mieter vergessen, bekrittelte Tölgyes: "Dabei gibt es in Wien mehr als 440.000 Gasheizungen, die meisten davon in Mietwohnungen, wo die MieterInnen keinen Einfluss auf das Heizsystem haben." Größtes Problem sei jedoch der Mobilitätsbereich auch aufgrund der stetig steigenden Emissionen. Hier könne der CO2-Preis nicht einmal im Ansatz ausgleichen, was verfehlte Raumordnungspolitik, Diesel- und Dienstwagenprivileg, Pendlerpauschale und Öffi-Defizite außerhalb Wiens verursachten, lautet die Kritik.

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(APA)

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