Stockholm ehrt Abdulrazak Gurnah. Flucht und Entwurzelung vor kolonialem Hintergrund prägen das Werk des in Kent heimisch gewordenen Tansaniers.
Wieder einmal eine Überraschung aus Stockholm: Kein üblicher Verdächtiger gewann in diesem Jahr den Nobelpreis für Literatur, sondern Abdulrazak Gurnah, 72 Jahre alt, ein gelehrter Autor aus Sansibar, der seit mehr als 50 Jahren in Großbritannien lebt. Die Schwedische Akademie begründete ihre Entscheidung am Donnerstag mit Gurnahs „kompromisslosem und mitfühlendem Durchdringen der Auswirkungen des Kolonialismus und des Schicksals des Flüchtlings in der Kluft zwischen Kulturen und Kontinenten“.
Flucht, Emigration – Gurnah hat das Gefühl selbst kennengelernt. 1948 auf der ostafrikanischen Inselgruppe Sansibar geboren, verließ er als 18-Jähriger seine Heimat, wenige Jahre nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft und einer Revolution der schwarzen Mehrheitsbevölkerung gegen die arabischstämmige Oberschicht.