Fragiler Vielvölkerstaat

Steht der Balkanstaat Bosnien vor dem Zerfall?

Provoziert gerne: Milorad Dodik
Provoziert gerne: Milorad Dodik(c) REUTERS (BERNADETT SZABO)
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Der Beauftragte für Bosnien und Herzegowina sieht die Existenz des Vielvölkerstaats in Gefahr. Sicher ist: Die Spannungen wachsen. Der serbische Politiker Dodik zündelt. Alles Theaterdonner? Oder mehr?

Belgrad/Wien. Über Bosnien und Herzegowina, dem immer schon armen und immer schon fragilen Vielvölkerstaat am Balkan, braut sich ein Sturm zusammen. Das Land ist in seiner Existenz „bedroht“ wie nie seit dem Ende des Kriegs, also seit einem guten Vierteljahrhundert, seit 1995 und die Gefahr einer Wiederkehr der alten Konflikte „sehr real“: Die schrille Warnung stammt nicht von irgendeinem zu Übertreibungen neigenden Untergangspropheten, sondern von Christian Schmidt und damit vom jenem Deutschen, dessen vordringlichste Aufgabe es ist, den Frieden in Bosnien und Herzegowina, paktiert im Abkommen von Dayton, zu wahren. Im Sommer hatte der CSU-Politiker den Österreicher Valentin Inzko als Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft für Bosnien und Herzegowina abgelöst. Nun, in seinem ersten Bericht an den UN-Sicherheitsrat, zeichnet er ein düsteres Bild der Lage. Der britische „Guardian“ zitierte aus dem Papier. Offiziell bestätigt wurden die Aussagen nicht. Eine „Presse“-Anfrage im Büro des Hohen Repräsentanten (OHR) blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Immer neue Provokationen

Sicher ist: Serbenführer Milorad Dodik hatte zuletzt unter anderem Pläne zur Schaffung einer eigenen Armee lanciert. Und Schmidt nimmt Dodiks Drohgebärden in dem Schreiben ernst. Dodiks Aktionen würden nicht nur die Stabilität von Bosnien und Herzegowina sondern die der gesamte Region aufs Spiel setzen. Sollten die Streitkräfte von Bosnien und Herzegowina „in zwei oder mehr Armeen zerfallen“ müssten zur Wahrung des Friedens auch die internationale Präsenz überdacht (also erhöht) werden, fordert der internationale Bosnien-Beauftragte laut „Guardian“. Zurzeit sind rund 600 Soldaten im Rahmen einer EU-Mission in Bosnien und Herzegowina stationiert. Österreich ist der größte Truppensteller.
Zuletzt verstärkten sich die Spannungen. Beispiel: Die Polizei der Republik Sprpksa führte just in einem Skiressort im Jahorina-Gebirgszug Antiterror-Übungen durch. Die Historie belastet den Ort. Von dort hatten die Serben in den Kriegsjahren der Neunziger Sarajewo beschossen. Die Kroaten und die muslimischen Bosniaken werteten die Übung als Provokation.

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