SPD, Grüne und FDP verkaufen ihr linksliberales Ökobündnis als Fortschrittskoalition. Doch viel hält sie nicht zusammen. Einfacher wird das Regieren in Deutschland nicht.
Deutschland startet ein Experiment. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes wird eine Ampelkoalition das Land regieren, ein Bündnis aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen. Überraschend flott, diskret und lautlos handelten die drei Parteien in nur acht Wochen einen Koalitionsvertrag aus. In dem Abkommen ist naturgemäß für jede Partei ein kleines programmatisches Trophäenset dabei: für die SPD der Zwölf-Euro-Mindestlohn, die Kindergrundsicherung, eine Wohnbauoffensive, ein Heizkostenzuschuss und das Versprechen, das Pensionsantrittsalter nicht zu erhöhen. Für die Grünen der Ausstieg aus der Kohle bis 2030, der Ausbau erneuerbarer Energien und die Mobilitätswende mit flächendeckenden Ladestationen für Elektroautos. Für die Liberalen das Versprechen solider Finanzen.
Um dem Projekt einen Namen zu geben, verkauft sich die neue deutsche Regierungstruppe als Fortschritts- und Modernisierungskoalition. Das ist schlau und nichtssagend zugleich: Zu Beginn einer Amtszeit haben sich noch alle als Reformer bezeichnet. Bekenntnisse zu Rückschritt und Stagnation sind eher rar.
Im Moment blinken alle Lichter dieser Ampel: rot, grün und gelb. In welche Richtung, wie weit nach links es dann wirklich geht, muss sich erst weisen, ebenso wie die Finanzierung all der schönen Vorhaben. Gemeinsam soll es jedenfalls vorangehen – mit Investitionen ins Bildungssystem, in die Forschung und die Digitalisierung. Man wird sehen. Zu tun gäbe es ja genug in Deutschland. Der Reformstau ist groß.
Die große Zukunftsaufgabe liegt darin, das Wirtschaftssystem klimaneutral zu machen. Das haben alle drei Parteien erkannt, doch unterschiedliche Ansätze dafür.