Konjunktur

BIP im dritten Quartal erstmals über Vorkrisenniveau

imago images/Viennareport
  • Drucken

Erstmals war die Wirtschaftsleistung höher als vor Beginn der Coronakrise, bezogen auf das dritte Quartal 2019 um 1,1 Prozent.

Auch im dritten Quartal hat sich in Österreich der starke Aufholprozess der Wirtschaftsleistung nach dem Ende des dritten Lockdowns fortgesetzt. Laut vorläufigen Berechnungen der Statistik Austria stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 3,8 Prozent und im Vergleich zum dritten Quartal vergangenen Jahres um 5,7 Prozent. Erstmals war die Wirtschaftsleistung höher als vor Beginn der Coronakrise, bezogen auf das dritte Quartal 2019 um 1,1 Prozent.

"Diese wirtschaftliche Erholung steht auf breiter Basis mit Bezug auf das dritte Quartal", sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas am Donnerstag. Fast alle Wirtschaftsbereiche haben laut Statistik Austria ihren Wachstumspfad fortgesetzt, darunter vor allem die wirtschaftsnahen Dienstleistungen (plus10,3 Prozent, jeweils real zum Vorjahresquartal), die Industrieproduktion (plus7,2 Prozent) sowie Handel, Verkehr und Gastronomie (plus7,0 Prozent). Wenn man die Bruttowertschöpfung gewichtet mit dem Anteil an der Wirtschaftsleistung, "dann sieht man, dass der Konjunkturmotor eindeutig die Industrie war", sagte Statistik-Austria-Ökonom Johannes Chalupa. "Sie trägt mit über 1,5 Prozent Wachstumsbeitrag zu den 5,7 Prozent bei."

Etliche Branchen auf Vorkrisenniveau

Etliche Wirtschaftsbereiche hätten das Vorkrisenniveau bereits erreicht oder übertroffen, vor allem Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, der Handel, die Industrie und der Bau, aber auch der Verkehr oder sonstige Dienstleistungen wie Friseure oder der Kulturbereich. Selbst in der besonders hart getroffenen Beherbergung und Gastronomie wurden demnach schon 88,5 Prozent des Vorkrisenniveaus erwirtschaftet.

Beherbergung und Gastronomie wiegen in Österreich besonders schwer, ihr Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung betrug in den Vorkrisenjahren 2015 bis 2019 im Durchschnitt 5,2 Prozent. "Das ist zum Beispiel mehr als dreimal so viel wie es in Deutschland der Fall ist", sagte Thomas.

Besonders für Tirol und Salzburg sei der Tourismus - der nicht nur Beherbergung und Gastronomie umfasst - wichtig, erklärte Chalupa. In Tirol entfalle ein Sechstel (16,9 Prozent) des Bruttoregionalprodukts auf diesen Sektor. "Der Durchschnitt in Österreich ist 7,4 Prozent", sagte Chalupa, auch Salzburg liege mit 13,7 Prozent weit über dem Durchschnitt.

Die touristische Sommersaison (Mai bis Oktober 2021) erreichte 66,37 Millionen Nächtigungen und damit fast um ein Viertel (plus 23,3 Prozent) mehr als in der Vorjahresperiode. Die Nächtigungen lagen aber um 16 Prozent unter dem bisherigen Höchstniveau von 79,0 Millionen im Jahr 2019. Die Nächtigungen ausländischer Gäste lagen mit 42,3 Millionen um ein Drittel über dem Jahr 2020, aber um ein Viertel unter dem Sommer 2019. Die inländischen Gäste hätten mit gut 24 Millionen Nächtigungen sogar ein neues Rekordniveau erreicht, sagte Chalupa.

In der Luftfahrt habe es ab dem Sommer 2021 kräftige Steigerungen gegenüber dem Vorjahr gegeben, dennoch liege man mit 53,5 Prozent noch sehr deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Das Frachtaufkommen sei mit knapp über 90 Prozent des Vorkrisenniveaus stabiler.

Tiefe Spuren am Arbeitsmarkt

Die Anzahl der unselbstständig Beschäftigten ist laut Dachverband der Sozialversicherungsträger im Oktober 2021 um 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. "Das heißt, die Beschäftigung kommt mit viel Schwung aus der Krise", so Chalupa. Die Pandemie habe am Arbeitsmarkt viel tiefere Spuren hinterlassen als die Wirtschafts- und Finanzkrise 2009, ein noch stärkerer Einbruch sei aber durch die Kurzarbeit verhindert worden. Im Oktober 2021 waren 269.500 Leute als arbeitsuchend vorgemerkt und damit um 6,4 Prozent weniger als im Vorkrisenmonat 2019. Im November 2021 ist der Vergleich zum Vorkrisenmonat zwar noch immer positiv, aber weniger ausgeprägt: Hier waren 289.300 Personen arbeitslos und damit um 3,4 Prozent weniger als vor zwei Jahren. Außerdem waren 74.000 Menschen in AMS-Schulungen.

Eine besondere Herausforderung bleibe die Langzeitarbeitslosigkeit, die sich zwar zuletzt leicht positiv entwickelt habe, "aber im Vergleich zum Vorkrisenniveau im November 2019 bedeutet das trotzdem ein Plus von 33,0 Prozent", sagte Chalupa.

Der aktuelle Lockdown sei "eine harte Belastungsprobe für den Aufschwung", sagte Thomas. "Wir haben gesehen, dass gerade Beherbergung und Gastronomie ja im dritten Quartal ein gutes Stück aus der Krise herausgekommen sind, und insofern ist das jetzt schon bitter, die sind jetzt mit dem Lockdown im vierten Quartal kräftig getroffen, ebenso der Handel mitten im bevorstehenden Weihnachtsgeschäft. Das versetzt dem Wiederaufschwung Österreichs doch einen deutlich Dämpfer". Andererseits hätten die Hospitalisierungen, die Belebung der Intensivbetten und die Sterblichkeit deutlich angezogen. "Aufgrund des pandemischen Verlaufs ist dieser Lockdown wahrscheinlich nachvollziehbar."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.