Grenzschutz

EU-Innenminister beraten über Belarus-Migrationskrise

Migrant crisis on the Polish-Belarussian border
Migrant crisis on the Polish-Belarussian borderREUTERS
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Die EU-Kommission schlägt die vorübergehende Einschränkung der Asylantragsrechte vor. Großbritannien schickt als erstes Land Militäreinheiten, um damit dem polnischen Grenzschutz zu helfen.

Die EU-Innenminister beraten heute, Donnerstag, über den Umgang mit den immer noch Tausenden Migranten, die in Belarus hart an den Grenzen zu Polen, Lettland und Litauen festsitzen. Grundlage ist ein Vorschlag der EU-Kommission, nach der diese EU-Mitgliedstaaten aufgrund der außergewöhnlichen Lage die Rechte der Migranten auf Asylbeantragung und Grenzübertritt vorübergehend einschränken können. So sollen beispielsweise Zuwanderungswillige dort für einen Zeitraum von sechs Monaten nur noch an einzelnen Stellen bzw. Grenzstationen das Recht haben, Asyl zu beantragen.

Die zuständige EU-Kommissarin, die Schwedin Ylva Johansson, argumentiert, ein solches Vorgehen sei angesichts einer solchen Krise in Einklang mit den europäischen Grundrechten. Österreichs neuer Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) nimmt nicht an den Beratungen teil.

Die neue deutsche Innenministerin Nancy Faeser sagte vor Beginn des Treffens am Donnerstag in Brüssel: „Für mich ist wichtig, dass rechtliche Standards an der Grenze eingehalten werden." Es sei wichtig, dass Hilfsorganisationen Zugang zu den Menschen im Grenzgebiet hätten. Auch würde sie es begrüßen, wenn die europäische Grenzschutzagentur Frontex dort präsent wäre - zumindest auf polnischer Seite.

Migrant crisis at the Belarusian-Polish border
Migrant crisis at the Belarusian-Polish borderREUTERS

Zugleich nannte die SPD-Politikerin das Vorgehen des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko „menschenverachtend". Er steckt maßgeblich hinter dem seit Monaten anhaltenden Ansturm von Migranten vor allem aus dem arabisch-asiatischen Raum, die von dort per Flugzeug nach Minsk flogen, als Touristen einreisen durften und meist gleich weiter an die EU-Grenze zogen. Diese wird seither von Zoll, Polizei und Militär der genannten drei EU-Staaten und Belarus-Anrainer gegen zahllose Versuche des Einsickerns und sogar gewaltsamer Durchbrüche gehalten.

Schreckliche Lage im Winter

Die Lage dieser Menschen, die auf dem Gebiet von Belarus ausharren, ist freilich auch angesichts des faktischen Winterbeginns oft fürchterlich. Vor allem im polnisch-belarussischen Grenzgebiet versuchen täglich nach wie vor Hunderte Migranten, illegal nach Polen zu gelangen. Ihr wahres Ziel sind dabei meistens Deutschland, die Niederlande und Schweden.

Die EU-Kommission sowie EU-Staaten werfen Lukaschenko vor, die Krise inszeniert zu haben, um sich für Sanktionen zu rächen. Diese waren im Vorjahr nach der vermutlich gefälschten, sicher aber „gelenkten" Präsidentenwahl verhängt worden; Massenkundgebungen der Opposition wurden danach massiv unterdrückt, viele Oppositionspolitiker flohen in EU-Staaten.

imago images/ITAR-TASS

Immerhin wurden Hunderte von ihnen, meist Kurden und andere Iraker, mittlerweile wieder in den Irak zurückgeflogen. Auch haben die meisten Fluggesellschaften, die bisher etwa aus dem Irak, Syrien, der Türkei und den Emiraten Minsk mit solchen „Migrantenjets" anflogen, die Praxis auf Druck der EU und wohl auch Großbritanniens und der USA hin weitgehend eingestellt; Belarus hat zudem die Einreise wieder erschwert.

Klare Unterstützungsgeste aus Großbritannien

Am Donnerstag setzte Großbritannien eine kräftige Geste: Das Ex-EU-Mitglied wird in Kürze etwa 140 Pioniere der Armee, also Ingenieure, Techniker und Baufachleute, abstellen, die Polen beim Grenzschutz vor Ort unterstützen. Teile von ihnen sind im Rahmen der britischen Nato-Truppen bereits in Polen, die übrigen werden eingeflogen.

Der britische Verteidigungsminister, Ben Wallace, sagte: „Unsere Verpflichtung gegenüber der europäischen Sicherheit ist felsenfest. Wir werden unsere Verbündeten immer unterstützen."

Konkret dürften die Pioniere der Royal Engineers bei Ausbau und Verstärkung der Grenzsperranlagen helfen und Expertise bei Aufklärung und Überwachung einbringen. Es handle sich allerdings um keine Kampftruppe, sondern um „Kerle mit Schaufeln", betonte Wallace.

Agencja Wyborcza.pl via REUTERS

Großbritannien ist damit das erste Land, das den durch die Belarus-Migrationskrise primär betroffenen drei EU-Staaten, in diesem Fall Polen, eigenständig und handfest mit Sicherheitskräften zu Hilfe kommt. Bereits im November war ein Vorauskommando zu Erkundungen eingetroffen; schon damals hatte Wallace die Ausweitung dieses Einsatzes angekündigt.

Im Rahmen der EU-Grenzschutzagentur Frontex sind mehr als 100 Polizisten und Zöllner mehrerer EU-Länder seit Sommer in Litauen im Einsatz, darunter Österreicher. Polen lehnt Frontex-Kräfte bisher ab.

>>> Royal Engineers

(APA/Reuters/red.)

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