Verlagslegende

Verleger Klaus Wagenbach verstorben

Klaus Wagenbach im Jahr 2008.
Klaus Wagenbach im Jahr 2008.(c) imago stock&people
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Die deutsche Verlagslegende Klaus Wagenbach ist mit 91 Jahren verstorben. Sein Leben und sein Verlag sind ein Stück deutscher Zeitgeschichte.

Der Verleger Klaus Wagenbach ist tot. Er starb am Freitag, dem 17. Dezember, in Berlin im Alter von 91 Jahren, das hat seine Familie am Montag mitgeteilt. Er sei gestorben „begleitet von seiner Familie und umgeben von seinen Büchern“, hieß es. „Seinem Lebensmotto entsprechend werden wir seinen Verlag weiterführen: 'Gewonnen kann durch Trübseligkeit nie etwas werden.'“

Der in Berlin geborene Wagenbach begann 1949 eine Lehre beim damals noch vereinten Verlag Suhrkamp/Fischer. Der Schriftsteller Franz Kafka wurde zur großen Leidenschaft, Wagenbach promovierte über den Autor und versuchte sich später als Biograf. Der Kauf von Fischer durch Holtzbrinck brachte einschneidende Konsequenzen: Die neuen Chefs kündigten Wagenbach, nachdem er sich bei der Staatsanwaltschaft über die Verhaftung eines DDR-Verlegers während der Buchmesse beschwert hatte. Wagenbach mochte solche „Kurven in der Biografie“, wie er es nannte. Befreundete Autoren prophezeiten ihm, mit seinen Standpunkten bei keinem Verlag unterzukommen. In seinem 2010 erschienene Buch „Die Freiheit des Verlegers“ erinnert sich Wagenbach an seine Kindheit, und seine Erlebnisse als Verleger.

Der Traum vom Verlag ohne Grenzen

1964 gründete er seinen eigenen Verlag in West-Berlin. Das frühe Verlagsmotto „Geschichtsbewusstsein, Anarchie, Hedonismus“ war Hinweis auf Wagenbachs Welt und die Kämpfe der jungen Demokratie gegen Verdrängung der NS-Vergangenheit, dumpfen Konservatismus, lähmendes Spießertum. Wirtschaftlich war es nicht leicht. Das Verlegen bezeichnete er als Antwort auf die Aufgabe, erfolgreich ein konkursreifes Unternehmen zu führen. Die Bank sperrte den Kredit.

Wagenbach stand für eine Kultur der Einmischung und des demokratischen Streits. Er galt als Prototyp des politischen Verlegers der 68er Bewegung. Die Szene ging im Verlag ein und aus. Immer wieder gab es Hausdurchsuchungen, Prozesse, Verurteilungen. Wagenbach sah sich selbst als den meist angeklagten noch lebenden deutschen Verleger. Der Jurist an seiner Seite hieß Otto Schily, der spätere RAF-Anwalt und noch spätere deutsche Bundesinnenminister. Dem „Spiegel“ sagte er zu Kontakten in den Untergrund: „Vor allem Ulrike Meinhof war mir nahe, aber ich habe nie verstanden, wie sie auf diesen Weg geraten ist.“ Wagenbach veröffentlichte Texte der späteren RAF-Terroristin, hielt die Rede an ihrem Grab. Seine Einstellung brachte ihm auch den Beinamen „roter Klaus“.

Politische und italienische Literatur

Neben der politischen Positionierung war Wagenbach für seine Italienliebe bekannt. Eine Reise nach Italien in der frühen Nachkriegszeit hat diese Leidenschaft in ihm geweckt. Der Wagenbach-Verlag galt und gilt bis heute als der Verlag für italienische Literatur im deutschsprachigen Raum - Wagenbach wurde für sein Wirken als kultureller Botschafter mehrmals ausgezeichnet.

Wagenbach stand auch für aufwendig gemachte Bücher sie sollten „hundert Jahre halten“, sagte er. Charakteristisch für den Verlag war der rote Einband der Bücher. „Der unabhängige Verlag für wilde Leser“ - so die spätere Eigensicht - brachte mit Hans Magnus Enzensberger das „Kursbuch“ und später den „Freibeuter“ heraus. 2002 übernahm Susanne Schüssler den Verlag, Wagenbachs dritte Ehefrau.

(APA/dpa/red)

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