Büromarkt: Die Mieter kehren zurück

Bueromarkt Mieter kehren zurueck
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Wer in Wien jetzt neue Büroflächen anmietet, hat eine gute Verhandlungsposition und relativ viel Gestaltungsspielraum.

Im ersten Halbjahr hielten sich die Unternehmen mit der Anmietung von Wiener Büros noch zurück (siehe neben stehenden Artikel). Im Krisenjahr 2009, als die Wirtschaft schrumpfte, dachte kaum jemand an Expansion oder Umzug. Das wirkt heuer noch nach. Seit einigen Wochen stellen Makler und Eigentümer aber eine Veränderung fest: Im dritten Quartal gab es wieder einige Großvermietungen von Büros mit mehr als 10.000 Quadratmeter Fläche. So bezog der Bereich IT-Services der Sozialversicherung 11.400 Quadratmeter im Catamaran, die Wiener Stadtwerke mieteten 10.000 Quadratmeter Bürofläche in Erdberg an. Und Unitreu siedelt sich auf 5000 Quadratmetern im Rivergate an. Private Unternehmen suchen noch nicht nach so großen Flächen: Die größte Anmietung im nicht öffentlichen Bereich erfolgte laut dem jüngsten Büromarktbericht des Maklerunternehmens EHL durch den US-Pharma- und Kosmetikkonzern Johnson& Johnson, der 5400 Quadratmeter im Viertel zwei anmietete. Im ersten Halbjahr habe es vor allem kleine Vermietungen gegeben, berichtet Alexandra Ehrenberger, Büromarktexpertin von EHL. So wechselten im ersten Vierteljahr nur 37.000 Quadratmeter Bürofläche die Nutzer, im zweiten Quartal waren es 57.000. Im Gesamtjahr sollen es dennoch bereits 220.000 sein.

Alte Standorte bleiben leer

Der Wermutstropfen für Vermieter: „Das sind überwiegend Umzüge.“ Auf Expansion sei derzeit kaum jemand aus, im Gegenteil: Die Manager hätten häufig die Vorgabe, Fläche zu optimieren, also zu verkleinern, stellt die Expertin fest. Sie ziehen in kleinere, effizienter gestaltete Büros und lassen ihre alten Standorte leer zurück. Das hält die Mietpreise niedrig. Vor allem die Spitzenmiete (das ist jene, die man in repräsentativen Innenstadtpalais oder in der obersten Etage von Bürotürmen zahlt) ist in der Krise leicht zurückgegangen: Sie beträgt derzeit rund 22,25 Euro pro Monat und Quadratmeter. Wer jetzt ein solches Büro sucht, ist in einer guten Verhandlungsposition. Ehrenberger erwartet, dass sich das schon bald ändert: „Das Angebot ist sehr knapp.“ Mit ein Grund dafür: In der Innenstadt lässt sich derzeit mit Wohnungen mehr Geld verdienen als mit Büros. Ursache ist, dass viele Privatanleger aus Inflationsangst und Sorge um die Entwicklung an den Börsen auf Immobilien und dabei bevorzugt auf Vorsorgewohnungen setzen. Das bringt die Eigentümer von Büros dazu, die Offices zu Wohnungen umzubauen und zu verkaufen. Die Folge: Das Angebot an Büros in der City könnte sich bald verknappen, meinen Experten.

Bescheidene Mieter

Generell sei Wien derzeit aber ein Mietermarkt, meint Karl Friedl, Geschäftsführer des Beratungsunternehmen M.O.O.CON. Wer es richtig angehe, könne einiges herausverhandeln, und zwar nicht nur bei den Kosten, sondern auch bei der Gestaltung der Büroflächen. Viele Unternehmen wählten aber nur den Standort aus, überließen die Errichtung dem Bauträger und dem Eigentümer und befragten allenfalls kurz vor dem Einzug die Abteilungsleiter, wie sie sich das neue Büro vorstellten, kritisiert der Experte. Vor allem große Unternehmen täten gut daran, schon vor dem Baubeginn ihres künftigen Büros ihre Wünsche durchzusetzen. Kleine Unternehmen hätten weniger Gestaltungsspielraum, doch auch sie sollten darauf drängen, dass etwa der Eingangsbereich nach ihren Vorstellungen gestaltet ist. Die Vermieter würden den Mietern in diesen Punkten meist entgegenkommen. Auch bei Fragen der Energieeffizienz und Betriebskosten sei mehr Engagement seitens der Mieter gefragt: „Von den Mietern gibt es derzeit noch wenig Druck auf die Vermieter, dass sie diesbezügliche Investitionen durchführen.“ Der Druck komme eher vonseiten der Investoren, Banken und Fonds, die auf Wertsteigerung eines Objekts und eine bessere Rendite Wert legten. Die Mieter hörten oft auf Berater, die meinen, „Lage, Lage, Lage“ seien die wichtigsten Kriterien bei der Büroauswahl. Allenfalls achte man noch auf einen niedrigen Mietpreis. Doch wären die Vermieter eher geneigt, Investitionen zu tätigen, als die Miete zu senken.

Mietfreie Zeiten und Incentives

„Mietpreisreduktionen gewähren wir nicht“, sagt Inge Bacovsky, zuständig für die Vermietung der Flächen des Euro Plaza. Auch dort stellt man seit einigen Wochen eine deutliche Erholung der Mietnachfrage fest. Und diese komme nicht nur von Übersiedlungen, sondern auch von Expansionen – und zwar aus den verschiedensten Bereichen: von der Pharma- über die Lebensmittel- bis zur Softwarebranche. Wenn Mieter über eine niedrigere Miete verhandeln wollen, komme man ihnen eher mit anderen Incentives wie mietfreien Zeiten entgegen, um den Aufwand für den Umzug zu schmälern, sagt Bacovsky.

Dass derzeit relativ wenig neue Fläche auf den Markt kommt, verbessert die Position der Vermieter nur geringfügig: Ältere Büros, bei denen der Gestaltungsspielraum für die Mieter fehlt, stehen häufig leer. Neubauprojekte erfreuen sich der stärksten Nachfrage. Das macht die Lage auch für manche Unternehmer nicht leicht: Wer kurzfristig moderne Flächen mit 8000 Quadratmetern oder mehr benötigt, wird oft nicht fündig, stellt Ehrenberger fest. Seit der Krise wagen sich Entwickler nur bei einem entsprechend hohen Vorvermietungsgrad an neue Projekte.

» Expandiert wird derzeit selten. Die Manager haben eher die Vorgabe, Flächen zu optimieren.«

Alexandra Ehrenberger, EHL

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2010)

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