Unlauterer Wettbewerb

Irreführende Produktbeschreibung im Web: Schadenersatz für Verbraucher

Rechtsstreit nach einem Diebstahl: Wie sicher war der Tresor?
Rechtsstreit nach einem Diebstahl: Wie sicher war der Tresor?(c) imago images/Fotostand (Fotostand / K. Schmitt via www.imago-images.de)
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Kann Verbrauchern außervertraglicher Schadenersatz zustehen, wenn Angaben über Produkteigenschaften irreführend waren? Ja, das ist möglich, entschied der OGH.

Wien. Wenn ein Unternehmer irreführende Angaben über sein Produkt macht: Haftet er dann gegenüber Verbrauchern, die dadurch einen Schaden erleiden? Das hat der OGH kürzlich bejaht (4 Ob 49/21s). Es gibt demnach in solchen Fällen einen Anspruch auf außervertraglichen Schadenersatz.

Es ging um einen Tresor, von dem der Anbieter auf seiner Website behauptete, er erfülle eine bestimmte Sicherheitsstufe – was sich laut den Klägern jedoch als falsch herausgestellt habe. Ihnen seien 60.000 Euro aus einem solchen Tresor gestohlen worden, brachten sie vor. Die Haushaltsversicherung habe jedoch die Deckung des Schadens abgelehnt, weil der Tresor die geforderte Sicherheitsstufe nicht aufwies.

Der Fachhändler, bei dem sie den Tresor gekauft hatten, existiert nicht mehr. Daher zogen sie gegen jene Firma vor Gericht, die das Produkt in Verkehr gebracht hatte. Sie warfen dieser eine irreführende Geschäftspraktik vor.

Die Gerichte erster und zweiter Instanz prüften den Sachverhalt jedoch gar nicht und wiesen die Klage aus rechtllichen Gründen ab: Verbraucher seien gar nicht dazu legitimiert, außervertragliche Schadenersatzansprüche, gestützt auf unlauteren Wettbewerb, geltend zu machen.

Individueller Schutz für Verbraucher

Der OGH hob diese Urteile nun jedoch auf. Bereits im Jahr 1998 war nämlich die Klagslegitimation einer Verbraucherin, die durch unlautere Geschäftspraktiken geschädigt wurde, bejaht worden (4 Ob 53/98t). Damals war es um ein Gewinnspiel gegangen - ein Versandhändler hatte bei einer Verbraucherin denn irrigen Eindruck erweckt, sie habe den Hauptpreis gewonnen, dann aber die Ausfolgung des Gewinns verweigert und den Irrtum erst aufgeklärt, nachdem die Verbraucherin einen Anwalt beigezogen hatte.

Die Anwaltskosten musste das Unternehmen der Frau letztlich ersetzen. Der OGH kam damals zum Schluss, dass auch ein Verbraucher, der das Opfer unlauteren Wettbewerbs geworden ist, Schadenersatzansprüche nach dem UWG gegen den unlauteren Wettbewerber geltend machen kann. 

In der juristischen Literatur gibt es divergierende Meinungen dazu, der OGH sah jedoch auch im aktuellen Fall keinen Grund, von dieser Rechtsansicht abzugehen: Das Lauterkeitsrecht habe sich in den vergangenen Jahren – auch beeinflusst von europarechtlichen Vorgaben – sogar immer stärker in Richtung des individuellen Verbraucherschutzes entwickelt, führt er in seiner Entscheidung aus. Und der Schadenersatz für Verbraucher lasse sich auch direkt aus dem Gesetz (UWG) ableiten.

Dessen Schutzzweck umfasst demnach auch den einzelnen Verbraucher, durch die Novelle 2007 sei das noch verstärkt worden. „Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Kläger legitimiert sind, den von ihnen verfolgten Anspruch auf Ersatz eines Vermögensschadens, der ihnen als Verbraucher infolge einer unlauteren Geschäftspraktik eines Unternehmers (Irreführung) entstanden sein soll, gerichtlich geltend zu machen“, heißt es in der Entscheidung des OGH.

Das Erstgericht muss daher nun doch den Sachverhalt klären und dann neu über den Schadenersatzanspruch entscheiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2022)

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