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Minnie Maus im Hosenanzug sorgt für entbehrliche Aufregung

Der gepunktete Hosenanzug für eine Zeichentrickmaus lässt so manche Gemüter hochkochen.
Der gepunktete Hosenanzug für eine Zeichentrickmaus lässt so manche Gemüter hochkochen.Disneyland Paris
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Minnie Maus soll während des „Women's History Month“ einen Hosenanzug tragen: Dieser Entwurf von Stella McCartney würde, heißt es nun, sogar die Grundfeste der Gesellschaft erschüttern. Dabei wäre ein noch viel stärkeres Statement möglich gewesen.

Es hätte eine originelle Geste sein sollen: Auf Einladung von Disneyland Paris entwarf Stella McCartney einen Hosenanzug für Minnie Maus, den die Comicfigur während des „Women's History Month“ im März und anlässlich von 30 Jahren Eurodisney tragen wird. Das Design wurde schon Ende Jänner vorgestellt und lässt - vohersehbar oder nicht - die Gemüter hochkochen.

Auf Fox News in den USA ereiferte sich etwa die Kommentatorin Candace Owens, dass mit derlei Aktionen „das Gewebe der Gesellschaft zerstört“ werde - auch auf Twitter war die Aufregung (wie stets) groß. Dass Minnie immer wieder wechselnde Outfits getragen hat - und sehr wohl auch Hosen, ging in der Hitze des Gefechts weitgehend unter.

Eines der vorgebrachten Argumente, auf die sich Kritikerinnen und Kritiker schnell einigen konnten: Es gibt ja so viel Wichtigeres auf der Welt zu regeln! Dem ist wohl beizupflichten, andererseits aber bekommen Modemacherinnen und Kommentatoren genau das immer zu hören, wenn sie sich ihrem hauptsächlichen Thema widmen und zugleich Bezüge zu anderen Phänomenen herstellen. Ideologische Grabenkämpfe und substanzielle gesellschaftliche Probleme wird Mode nie lösen können, und dennoch darf man ihr zutrauen, Position zu beziehen und im Alltagsleben relevant zu sein.

Dass 2022 tatsächlich ein gepunkteter Hosenanzug für eine Zeichentrickmaus Gemüter hochkochen lässt, ist in mancherlei Hinsicht erschreckend. Zum Beispiel nämlich, wenn man wirklich eine politische Dimension hinzufügen möchte. Zur Erinnerung: Noch in den Achtzigerjahren war in den USA eine regelrechte „Pantsuit Revolution“ nötig, damit etwa weibliche Kongressabgeordnete in Hosen ihre politische Arbeit verrichten durften. 1970 sorgte SPD-Politikerin Lenelotte von Bothmer für Aufregung, weil sie als erste Ministerin in einem Hosenanzug vor den Bundestag trat.

Wenn Stella McCartney, der man nachsagt, ihr Entwurf für Minnie Maus erinnere etwa wegen der Farbgebung zu stark an Hillary Clintons blaue Hosenanzüge, übrigens ein wirklich starkes politisches Statement hätte treffen wollen, hätte es eine Alternative gegeben: Der weiße Hosenanzug, der mittlerweile im politischen Kontext der USA standardisiert auf die weißen Kostüme der Sufragetten verweist, wäre eine noch deutlichere Aussage gewesen, so wurden es eben schwarze Punkte auf blauem Grund.

In den Augen mancher darf Minnie Maus offenbar zeit ihrer Cartoontage nur im Minikleid auftreten. Als ob es nichts Wichtigeres zu kritisieren gäbe...

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