Analyse

Hier endet Österreichs Atom-Widerstand

Zwentendorf ist eingemottet, aber andere Kernkraftwerke in Europa werden modernisiert oder überhaupt neu gebaut.
Zwentendorf ist eingemottet, aber andere Kernkraftwerke in Europa werden modernisiert oder überhaupt neu gebaut. APA/AFP/JOE KLAMAR
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Wieso Österreich nach dem Beschluss der EU-Kommission kaum noch Chancen hat, Kernkraft als grünes Investment zu verhindern. Brüssel argumentiert mit einem pragmatischen Weg zur Klimaneutralität und hat den Euratom-Vertrag auf seiner Seite.

Die EU-Kommission rechtfertigte am Mittwoch ihre heiß umkämpfte Entscheidung, Investitionen in neue Atom- und Gaskraftwerke als nachhaltig auszuweisen. „Vielleicht ist das nicht perfekt, aber es ist eine vernünftige Lösung“, um das Ziel zu erreichen, bis zum Jahr 2050 die EU klimaneutral zu machen, sagte die EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Mairead McGuinness. Wer also in die Modernisierung bestehender oder in neue Kernkraftwerke beziehungsweise hoch effiziente Gaskraftwerke investiert, kann diese Investitionen gegenüber Anlegern als „grün“ ausweisen. Das ist angesichts der steigenden Nachfrage nach nachhaltigen Portefeuilles in den Augen der Kommission der einzige pragmatische Weg, um die Dekarbonisierung der europäischen Energiewirtschaft in den kommenden drei Jahrzehnten zu ermöglichen. Denn dafür sind enorme Summen erforderlich. 350 Milliarden Euro kalkuliert die Kommission – und zwar jährlich.

1. Warum ist die Entscheidung der Kommission erklärbar, aber umstritten?

Die Annahme der EU-Kommission, Atomkraft und Gas würden nur als Übergangstechnologien verwendet werden, ist angesichts der Unwägbarkeiten der internationalen Energiemärkte fragil. Anders ausgedrückt: Nichts ist dauerhafter als ein Provisorium. Zudem hat die Kommission in der Formulierung ihrer Kriterien sämtliche Augen zugedrückt, wenn es um die Kollateralschäden dieser beiden Energieformen geht. Die Umstände, unter denen der nukleare Brennstoff Uran geschürft und verarbeitet wird, wurden aus ihrer Betrachtung ebenso ausgeklammert wie die Tatsache, dass jene dauerhafte, sichere Lagerung der strahlenden Abfälle, die ein Projekt vorweisen muss, um als nachhaltig zu gelten, bisher noch unerprobt ist. Auch der enorme Ausstoß von Methan bei der Gewinnung von Erdgas wurde ignoriert. „Wir haben das Ziel, unserer Verpflichtung des Klimaabkommens nachzukommen, aus der Kohle auszusteigen“, begründete diese Haltung eine hochrangige EU-Beamtin. Österreichs EU-Kommissar, Johannes Hahn, hat ebenso wie seine Kollegen aus Spanien und Portugal, Josep Borrell und Elisa Ferreira, gegen den Vorschlag gestimmt, Nicolas Schmit aus Luxemburg blieb der Abstimmung fern.

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