Kommen bald Millionen? Hier ein Fußgängergrenzübergang an der polnisch-ukrainischen Grenze nahe Przemyśl, den etwa ukrainische Gastarbeiter oft benützen.
Flüchtlingswelle

Erinnerungen an die Jugoslawien-Kriege

Nicht nur Länder wie Deutschland und Polen, sondern auch die südöstlichen EU-Staaten Ungarn, Rumänien und die Slowakei erwarten im Kriegsfall einen Ansturm aus der Ukraine.

Sofia/Warschau/Budapest/Bratislava/Belgrad. Ein neuer Krieg in Europa wird dem Kontinent neue Flüchtlingswellen bescheren, diesfalls aus dem Osten. Bei einer militärischen Eskalation des Ukraine-Konflikts würden, wie die EU-Kommission jüngst bekannt gab, mehr als eine Million Menschen in an die Ukraine angrenzende EU-Staaten wie Polen und Rumänien flüchten, und vielfach noch weiter nach Westen, nach Deutschland, Österreich und in die Benelux-Region, etwa. Nach Schätzungen der Forscher des Instituts für Migrationsforschung der Universität Osnabrück und der Katholischen Universität Lemberg könnten es sogar, je nach Ausmaß des Angriffs, rund zwei bis acht Millionen Menschen sein.

Die EU sei bereit, „bedeutende humanitäre Hilfe zu mobilisieren“, versicherte am Wochenende der griechische EU-Kommissar Margaritis Schinas. Vor allem Polen, wo schon jetzt über eine Million Ukrainer leben, hätte im Kriegsfall mit Flüchtlingen zu rechnen: Innenminister Mariusz Kamiński ging zuletzt davon aus, dass dann noch einmal eine Million Menschen in Polen um Schutz ansuchen könnten.

Kritische Untertöne aus Budapest

Aber auch die südlicheren EU-Anrainer der Ukraine bereiten sich auf Flüchtlingswellen vor – und das nicht immer ohne spezielle kritische Untertöne. So zeichnete Ungarns Premier, Viktor Orbán, das Risiko einer neuen Immigrationswelle aus dem Osten mit gewohnt drastischen Worten: Im Fall eines Kriegs würden „Hunderttausende oder selbst Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine Ungarns politische und wirtschaftliche Situation fundamental umgestalten“, orakelte der Chef der nationalpopulistischen Fidesz-Partei schon am vergangenen Wochenende düster. Er erinnerte an die Aufnahme von Zehntausenden Flüchtlingen während der Jugoslawienkriege in den 1990er-Jahren: „Das war auch nicht leicht. Aber aus der Ukraine würden nun viel mehr Menschen kommen – vermutlich ohne Aussicht auf Heimkehr.“

Die Gefahr neuer Fluchtwellen sieht Putin-Freund Orbán vor allem als Verpflichtung für die internationale Gemeinschaft, es zu einem Waffengang in der Ukraine erst gar nicht kommen zu lassen: „Ungarns Interesse ist klar: Der Krieg muss verhindert werden.“ Auffällig ist aber, dass der erklärte Immigrationsgegner eine Aufnahme von Ukrainern nicht ausschließt und im Gegensatz zu den von ihm als „Migranten“ bezeichneten Kriegsflüchtlingen aus Syrien erstmals seit Langem wieder überhaupt von „Flüchtlingen“ spricht.

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