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Chronologie: Tag eins des Krieges in der Ukraine

Ukrainische Panzer rücken zur Verteidigung aus.
Ukrainische Panzer rücken zur Verteidigung aus. APA/AFP/ANATOLII STEPANOV
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Seit Donnerstag, knapp fünf Uhr früh, versucht Russlands Präsident Wladimir Putin, die Ukraine in seine Hände zu bekommen. Die Eckdaten der Invasion.

Es war wohl die ergreifendste Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj - und wohl auch jene, die er nie halten wollte. In der Nacht auf Donnerstag, den 24. Februar 2022, wandte er sich gegen 1 Uhr an seine Landsleute, um sie über Gespräche mit westlichen Staatschefs und deren Warnungen vor einem russischen Angriff zu unterrichten. Dann wechselt er ins Russische und appellierte an die Bürger des Nachbarlandes: „Dieser Schritt kann der Beginn eines großen Krieges auf dem europäischen Kontinent werden." Er habe auch versucht, mit Kremlchef Wladimir Putin zu telefonieren: „Das Ergebnis: Schweigen.“ Die Folgen: Eine Invasion.

4 Uhr: Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine "Militäroperation" im Donbass angekündigt. "Ich habe die Entscheidung für eine Militäroperation getroffen", sagte er in einer Fernsehansprache in der Nacht. Er forderte das ukrainische Militär auf, "die Waffen niederzulegen". Zeitgleich forderte UNO-Generalsekretär António Guterres Putin bei der Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats auf, die Ukraine nicht anzugreifen.

4:30 Uhr: US-Präsident Joe Biden meldet sich zu Wort. Russland habe "vorsätzlich" einen "Krieg" gegen die Ukraine begonnen, sagte er. Die USA und ihre Verbündeten würden den Kreml entschlossen dafür "zur Rechenschaft ziehen“. Die Gebete der Welt, so Biden, seien mit der Ukraine. Es drohten "katastrophale menschliche Verluste". Kurz darauf lässt Moskau den gesamten Luftraum über der Grenze zur Ukraine sperren.

5:38 Uhr: Die Ukraine verhängt das Kriegsrecht.

6 Uhr: Berichte über Einschläge in der Ostukraine aus den Städten Charkiw und Dnipro werden publik; zudem aus Odessa, Berdjansk und Kramatorsk. Die Ukraine riegelt ihren Luftraum völlig ab. Aus dem Instrumentarium heißt es, Kommandozentralen des ukrainischen Militärs in der Hauptstadt Kiew und Charkiw würden mit Raketen angegriffen. Zeitgleich dringen Bodentruppen vom Norden, Osten und Süden in die Ukraine ein.

6:05 Uhr: In Brüssel spricht EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen von "dunklen Stunden"– und von harten Sanktionen, die die Staatengemeinschaft gegen den Kreml in Kraft setzen werde.

6:30 Uhr: Menschen suchen in den U-Bahn-Stationen der großen Städte Zuflucht, viele eilen zu Bankomaten oder in Apotheken und Geschäfte, um sich mit dem Nötigsten zu versorgen - teils, um in ihren Häusern und Wohnungen ausharren zu können, teils, um in andere Landesteile oder ins Ausland zu fliehen. Es kommt zu Staus.

8:55 Uhr: Kiews Verteidigungsministerium dementiert russische Meldungen, wonach ganze Einheiten ihre Waffen niedergelegt hätten, als "psychologische Kriegsführung". Stattdessen wird der Tod von sieben Soldaten vermeldet.

10 Uhr: In Russland kommt es zu vereinzelten Protestaktionen gegen den Krieg - die Demonstranten werden aber rasch abgeführt. Es wird darauf geachtet, dass kaum Fotos oder Videos davon über die Landesgrenzen hinausgehen. 

10:47 Uhr: Die Ukraine bricht diplomatische Beziehungen zu Russland ab.

11 Uhr: Die Botschafter der 27 EU-Staaten kommen zusammen, um über Sanktionen zu beraten. Fast zeitgleich kommen die Führer der Nato-Staaten im Hauptquartier in Brüssel zusammen.

11:52 Uhr: In mehreren Städten werden die militärischen Kommandozentralen angegriffen, so auch in Kiew. Auch von einer Explosion in der Hauptstadt ist die Rede.

13 Uhr: Kreml-Sprecher Dmitri Peskow macht ein „Angebot": Putin sei bereit, mit der Ukraine zu verhandeln, allerdings nur über deren vollständige Neutralität und über den Verzicht, Offensivsysteme auf ihrem Territorium zu stationieren. Eine Antwort aus Kiew bleibt aus.

13:40 Uhr: Großalarm am Kiewer Stadtrand. Russische Helikopter tauchen über dem Flugfeld von Hostomel auf. Aus dem Osten des Landes werden heftige Kämpfe gemeldet, ebenso von der nördlichen Grenze. Im Süden, wo russische Truppen von der Krim aus vorstoßen, scheint der Widerstand weniger gut zu halten.

14 Uhr: An den Grenzübergängen Richtung Rumänien, Polen und zur Slowakei kommen die ersten Flüchtlinge an.

15:13 Uhr: Luftalarm in Kiew: Die Stadtverwaltung ruft alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich in Luftschutzbunkern in Sicherheit zu bringen.

16 Uhr: Österreich verurteilt die russische Invasion. „Unsere schlimmsten Erwartungen sind wahr geworden", schreibt Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) auf Twitter.

16:02 Uhr: Der europäische Banken-Index bricht um knapp acht Prozent ein, das größte Minus aller europäischen Sektor-Indizes.

16:10 Uhr: Auf dem Gebiet des zerstörten Atomreaktors von Tschernobyl wird gekämpft.

17:06 Uhr: Russland droht mit einer „harten" Reaktion auf die wegen des Einmarschs in die Ukraine geplanten EU-Sanktionen. Die „unfreundlichen" Maßnahmen der EU würden Moskau „nicht daran hindern", die pro-russischen Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen, teilt das russische Außenministerium mit.

17:30 Uhr: Teile der Provinz Cherson im Süden der Ukraine sind nicht mehr unter Kontrolle der Regierungstruppen. Cherson liegt nördlich von der von Russland 2014 annektierten Halbinsel Krim.

17:47 Uhr: Der wenige Kilometer nordwestlich von Kiew gelegenen Flughafen Hostomel fällt an die Russen.

18:50 Uhr: Russland hat das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl erobert, das nur 70 Kilometer von Kiew entfernt liegt. „Leider muss ich mitteilen, dass die Zone um Tschernobyl, die sogenannte Sperrzone, und alle Anlagen des Atomkraftwerks Tschernobyl unter der Kontrolle bewaffneter russischer Gruppen sind", sagt der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal.

18 Uhr: Kiews Bürgermeister Witali Klitschko kündigt für die ukrainische Hauptstadt eine nächtliche Ausgangssperre an. Sie soll zwischen 22 Uhr und 7 Uhr früh gelten.

19:17 Uhr: Die G7-Staaten beschließen nach Angaben von US-Präsident Joe Biden ein „verheerendes Paket an Sanktionen" und anderen wirtschaftlichen Maßnahmen gegen Russland. Darauf habe man sich in der Schaltung der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten westlichen Industriestaaten geeinigt. Die USA, Deutschland und fünf weitere führende demokratische Wirtschaftsmächte (G7) hatten Moskau zuvor eindringlich aufgefordert, das Blutvergießen in der Ukraine zu stoppen.

19:41 Uhr: Berichte über eine amphibische Landung bei der Hafenstadt Odessa bestätigten sich nicht, es gab dort aber Bombardements. Stattdessen werden Meldungen publik, wonach der im Westen befindliche Flughafen von Ivano-Frankivsk nahe Lemberg von Kalibr-Marschflugkörpern getroffen wurde.

20 Uhr: Russland bestätigt, dass neben Luft- und Raketenangriffen auch Bodentruppen in der Ukraine im Einsatz sind.

21:28 Uhr: Der EU-Gipfel stimmt neuen Sanktionen gegen Russland zu. Im Speziellen richten sich die Maßnahmen gegen den russischen Finanz-, Energie- und Verkehrssektor. Unterdessen schätzt das Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, dass bereits rund 100.000 Menschen in der Ukraine ihr Zuhause verlassen haben.

22 Uhr: In der strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer sind nach Angaben der Stadtverwaltung 17 große Hochhäuser durch Beschuss beschädigt worden. Die Stromversorgung ist teils ausgefallen, der öffentliche Nahverkehr fährt kostenlos für die Bewohner. 23 verletzte Einwohner der Stadt sowie 23 verletzte Soldaten seien in Kliniken aufgenommen worden.

22:40 Uhr: In Mariupol gilt eine nächtliche Ausgangssperre.

23 Uhr: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist der erste westliche Politiker, der nach dem Einsatzbefehl mit Putin redet. Der Kreml spricht von einem "ernsthaften und offenen Meinungsaustausch". Beide wollen in Kontakt bleiben.

23:15 Uhr: Der ukrainische Präsident Selenskyj ordnet die Generalmobilmachung der ukrainischen Bevölkerung an und meldet 137 Tote und 306 Verletzte.

(hell)

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