Geopolitik und Mode

Modehäuser finden zu klaren Positionen

Die Balenciaga-Show in Paris wurde kurzerhand noch einmal neu inszeniert - gewidmet war sie den Menschen auf der Flucht.
Die Balenciaga-Show in Paris wurde kurzerhand noch einmal neu inszeniert - gewidmet war sie den Menschen auf der Flucht.Balenciaga
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Während die Pariser Modewoche fortschreitet, beziehen immer mehr Modelabels Stellung zur russischen Invasion in die Ukraine. Vom Schweigen über ausbleibende Sanktionen bis hin zu  Geschäftsschließungen und Spendenaktionen - ein Überblick.

Am 22. Februar begann die Mailänder Modewoche. Zwei Tage später der Krieg in der Ukraine. Während das Laufstegtreiben ungebrochen weiterging, wartete man vergebens auf eine kleine Geste seitens der Modehäuser. Einzig Giorgio Armani fand einen Weg, seine Solidarität mit den Menschen im angegriffenen Land auszudrücken, indem er seine Schau ohne Musikbegleitung stattfinden ließ.

Die Fédération de la Haute Couture et de la Mode schien aus dem Fehler der Mailänder Modewoche gelernt zu haben, jedenfalls schickte der Präsident Ralph Toledano der Paris Fashion Week eine kleine Solidaritätsbekundung voraus, blieb dabei aber immer noch sehr vage. Auch die von der EU beschlossenen Sanktionen ließen Luxusgüter der Modebranche zunächst außen vor. Sanktionen auf eigene Faust waren ebenso wenig geplant. Dafür setzte es einiges an Kritik - sowohl für einzelne Labels als auch für die Modebranche in ihrer Gesamtheit.

Maßnahmen der Moderiesen

Immer noch bekommen die in Paris gezeigten Kollektionen wenig Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit gebührt aktuell dem, der das Wort für Menschen in der Ukraine ergreift. Balenciaga machte mittels Spendenaufruf auf Instagram den Anfang. In den vergangenen Tagen äußerten sich nach und nach die Mutterkonzerne der Luxusmarken. Die Gruppe LVHM, zu der Marken wie Louis Vuitton, Dior, Fendi gehören, leistete eine erste Sofortspende von fünf Millionen Euro an das Internationale Komitee des Roten Kreuzes und startete zudem eine Fundraising-Kampagne. Angestellten, die vom Krieg betroffen sind, soll finanzielle und psychologische Hilfe gewährleistet werden.

Zudem schließt der Konzern bis auf Weiteres alle Geschäfte in Russland, das teilte LVHM am Freitag mit. Auch Kering, der Mutterkonzern, zu dem neben Gucci, Saint Laurent, Bottega Veneta eben auch Balenciaga gehört, gab am 4. März bekannt, alle Stores  in Russland vorübergehend zu schließen. Ebenso die französischen Luxusmaisons Chanel und Hermès. Damit folgen sie unter anderem dem Aufruf ukrainischer Angestellten, nach dem Einmarsch Putins in das Land „aufzustehen“.

Prada ließ sich mit der Verkündung konkreter Maßnahmen am meisten Zeit, schloss sich aber am Wochenende der Schließung an, nachdem sich der Konzern Ende letzter Woche erst zu finanzieller Hilfe bereit erklärt hatte. Der Schmuck- und Uhrenkonzern Richemont hat es den Moderiesen gleich getan und seine Geschäftstätigkeit in Russland ausgesetzt.

Währenddessen hält die Pariser Modewoche unbeirrt an ihrem Programm fest. Und wieder ist es der Kreativdirektor von Balenciaga (Demna Gvasalia möchte im Modekosmos in dieser kreativen Rolle künftig nur mehr als Demna tituliert werden) der allen einen Schritt voraus ist. Bei der Balenciaga-Schau in Paris zierten T-Shirts mit Ukraine-Flaggen und ein gedrucktes Statement des Designers die Zuschauerplätze. Er habe lange überlegt, ob er das Event absagen soll, so schreibt er in dem Statement. Stattdessen habe er beschlossen, Widerstand zu leisten.

Er habe schließlich selbst erlebt, wie es ist, flüchten zu müssen. Der Krieg habe einen Schmerz in ihm wieder aufleben lassen, den er seit seiner Flucht aus Georgien 1993 in sich trage. Damals war Gvasalia zehn Jahre alt.  Er spricht von sich selbst als ein „ewiger Geflüchteter“ - ewig deshalb, weil die Angst, niemand würde einen wollen, ihn nie verlassen würde. Seine Show, so liest man weiter, bedarf keiner weiteren Erklärung. Sie sei der Furchtlosigkeit, Liebe und dem Frieden gewidmet.

Öffentlicher Brief von Kreativdirektor von Balenciaga Demna Gvasalia
Öffentlicher Brief von Kreativdirektor von Balenciaga Demna Gvasalia beigestellt

Durch die Kälte

Die Kollektion wurde in einer gläsernen Rotunde als übergroße Schneekugel präsentiert. Geplant war dies als eine Anspielung auf eine nicht allzu ferne Zukunft, die uns durch den voranschreitenden Klimawandel bevorstünde. Eine, in der es keinen Schnee mehr geben wird. Die Inszenierung hatte aber letztendlich wenig mit dem angedachten Winter Wonderland zu tun. Models stemmten sich gegen den starken Wind, kämpften sich durch das dichte Schneetreiben, einige mit schweren Tragetaschen. Das apokalyptische Szenario fungierte als eindeutiges Abbild zur eigenen Flucht und zu jener von Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern.

Nach stoisch eleganten Kleidern, übergroßen Kapuzenpullovern und bauschiger präsentierte Balenciaga anschließend zwei Looks in den Farben der ukrainischen Flagge. Auf einen gelben Trainingsanzug folgte ein blaues Kleid mit fließender Schleppe, die tatsächlich ohne jede weitere Erklärung auskamen.

(evdin)

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