"Preisexplosion"

Gaspreis für Europa um 60 Prozent gestiegen

Der Ukraine-Krieg sorgt für neue Höchsstände beim Gaspreis für Europa. Eine Megawattstunde wurde zeitweilig für 345 Euro gehandelt.

Der Preis für Erdgas in Europa hat angesichts des fortgesetzten russischen Angriffs auf die Ukraine und eines möglichen Importstopps des Westens für russische Energielieferungen neue Höchststände erreicht. Am Montagvormittag wurde am wichtigen niederländischen Handelspunkt TTF eine Megawattstunde zeitweilig für 345 Euro gehandelt - ein Plus von rund 60 Prozent. In Großbritannien stieg der Preis für ein sogenanntes Therm, eine dort verwendete Wärmeeinheit, auf 800 Pence.

Zuvor war wegen zunehmender Angst vor den negativen Folgen des Ukraine-Krieges auf die Energieversorgung bereits der Ölpreis in die Höhe geschnellt. Russland ist ein wichtiges Herkunftsland für Rohstoffe. Der Krieg wirkt sich deshalb auch auf die Energiemärkte aus und heizt zugleich Debatten über eine energiepolitische Neuausrichtung an.

„Gas fließt noch normal"

Derzeit beraten die USA und die EU über ein mögliches Verbot von russischen Ölimporten. Es gebe "sehr aktive Diskussionen" zu dem Thema, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Sonntag dem US-Sender „CNN".

Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch führte die "Preisexplosion" am Montag auf diese Überlegungen des Westens zurück. Zudem gebe es Spekulationen, dass Europa von sich aus entscheiden könne, russische Gasimporte zu stoppen, erklärte Fritsch. "Bislang fließt das Gas noch normal", fügte er hinzu.

„Verbindlicher Ausstiegspfad“ gefordert

In Deutschland wandten sich am Montag zahlreiche Umweltverbände an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). In einem offenen Brief forderten sie, "so schnell wie möglich einen verbindlichen Ausstiegspfad für fossiles Gas zu ermöglichen". Unterzeichnet wurde der Brief unter anderem vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace Deutschland, dem Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring und Germanwatch.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagte der deutschen "Bild"-Zeitung, es wäre "eine Herausforderung, aber keine Katastrophe, wenn die russischen Gaslieferungen nächste Woche stoppen". Die Gasspeicher seien derzeit zu fast 30 Prozent gefüllt. "Für die kommenden Monate ist das ausreichend. Für den nächsten Winter müssten wir jetzt aber sofort Vorsorge treffen, das ließe sich auch organisieren", sagte Grimm weiter. Um die Lücke bei der Stromerzeugung auszugleichen, könnten Kohlekraftwerke einspringen, schlug sie vor.

Lieferstopp kurzfristig kein Problem

Auch Ökonom Jens Südekum sieht kurzfristig keine Probleme durch einen Lieferstopp. Erst im Winter würde es knapp werden, sagte er der "Bild"-Zeitung. "Um die Lücke zu schließen, müssten alle Register gezogen werden. Energie muss eingespart und Gas aus anderen Ländern eingekauft werden."

Schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte der Gaspreis in den vergangenen Monaten deutlich zugelegt, was auch in Deutschland die Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher und die Inflationsrate in die Höhe getrieben hatte.

(APA/AFP)

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