Ukraine-Krieg

Offene Fragen nach Absturz einer Militärdrohne über Zagreb

IMAGO/Pixsell
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Die Drohne mit einer Reichweite von 1000 Kilometer hinterließ in Zagrebs Jarun-Park einen Krater. Sie stamme - soviel sei klar - aus russischer Produktion. Unklar sei aber, ob sie aus Russland oder der Ukraine abgeschossen wurde. Kritik gab es an der Nato, nachdem das Flugobjekt knapp eine Stunde in deren Luftraum unbemerkt blieb.

Über einem Park der kroatischen Hauptstadt Zagreb ist in der Nacht auf Freitag ein unbemanntes Militärflugzeug abgestürzt. Dies bestätigte der kroatische Ministerpräsident Andrej Plenkovic am Freitag am Rande des EU-Gipfels in Versailles. Menschen wurden nach Polizeiangaben nicht verletzt.

Die 14 Meter lange und mehr als sechs Tonnen schwere Drohne aus sowjetischer Produktion war am späten Donnerstagabend rund sechs Kilometer vom Zagreber Stadtzentrum und nur 200 Meter von einem Wohngebiet entfernt in einen Park gestürzt. Etwa 40 in der Nähe geparkte Autos wurden beschädigt, Verletzte gab es nicht. Die Drohne muss noch aus dem Krater geborgen werden, den sie bei dem Absturz hinterließ. In dem Wohngebiet leben etwa 4500 Menschen. Kroatiens Generalstabschef Robert Hranj sprach von einem "ziemlich ernsten" Vorfall.

"Nach den uns vorliegenden Informationen handelt es sich um ein Flugzeug aus russischer Produktion", sagte Plenkovic vor kroatischen Journalisten. "Es ist uns nicht bekannt, ob es im Besitz der russischen oder der ukrainischen Armee war", fügte er hinzu. Das Fluggerät sei über Rumänien und Ungarn kommend in den kroatischen Luftraum eingedrungen. "Wir haben auch die ukrainische Seite kontaktiert, um zu erfahren, ob sie über Informationen darüber verfügt, wie das Flugzeug Zagreb erreicht hat", führte Plenkovic weiter aus.

Plenkovic sagte am Samstag, es sei weiterhin unklar, "in wessen Besitz" die Drohne gewesen sei. Offen sei auch, ob der Flug in Richtung des Nato-Luftraums "ein Unfall, ein Fehler oder Absicht war". Sowohl die Ukraine als auch Russland hätten bestritten, die Drohne gestartet zu haben.

Kroatien fordert bessere Nato-Koordination

Plenkovic hat eine bessere Kooperation innerhalb der Nato angemahnt und die Reaktion des Militärbündnisses auf den Vorfall als unzureichend kritisiert. Die Aufklärungsdrohne sei durch den Luftraum zweier Nato-Mitgliedstaaten geflogen, bevor sie nahe einem Wohngebiet in Zagreb abgestürzt sei, so Plenkovic am Samstag. Dies sei "nicht hinnehmbar".

Er habe wegen des Vorfalls Briefe an seine EU-Kollegen und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg geschickt, sagte Plenkociv beim Besuch der Absturzstelle in Zagreb. "Wir können eine solche Situation nicht mehr tolerieren." Bei der Drohne vom Typ Tupolew Tu-141 habe es sich um eine "sehr klare Bedrohung" gehandelt, "auf die es eine Reaktion geben muss".

Absturz nährt Ängste, dass sich der Krieg ausweiten könnte

Der Zwischenfall nährt Ängste, dass der russische Angriffskrieg in der Ukraine sich auf weitere Staaten ausweiten könnte. So zeigte sich etwa auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) von dem Absturz "zutiefst schockiert". "Dieser Vorfall zeigt, dass der Krieg in der Ukraine nicht weit weg von Österreich stattfindet, sondern auch seine direkten Auswirkungen auf andere europäische Länder hat", so Nehammer. "Umso wichtiger ist es, dass die Europäische Union geeint und stark zusammensteht und mit friedlichen Mitteln sowie harten Sanktionen gegen die russische Aggression in der Ukraine auftritt".

Der kroatische Ministerpräsident kritisierte, dass die Drohne unbehelligt durch die Lufträume Rumäniens und Ungarns geflogen sei, bevor sie in den kroatischen Luftraum eindrang. Kroatien, Rumänien und Ungarn sind allesamt Nato-Mitglieder. Nach Angaben der kroatischen Behörden befand sich die Drohne rund 40 Minuten lang im ungarischen Luftraum, ohne dass Kroatien alarmiert wurde.

Kroatien 550 Kilometer Luftlinie von Ukraine entfernt

Kroatische Sicherheitsexperten hatten bereits am Freitag ein Versagen der Nato angeprangert Präsident Zoran Milanovic forderte eine Untersuchung dazu, warum die Drohne "fast eine Stunde lang über Nato-Gebiet fliegen konnte, ohne dass es jemand bemerkt hat". Dies sei aber "nicht nur eine Sache Ungarns, es ist eine Sache des gemeinsamen Nato-Führungskommandos".

Nach Angaben des kroatischen Generalstabschefs Hranj ist eine "intensive Untersuchung" zu den Hintergründen des Vorfalls im Gange. Dazu stehe das kroatische Militär auch in "engem Kontakt mit Nato-Kommandeuren".

Ein Nato-Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP am Freitag, die integrierte Luftverteidigung der Nato habe "die Flugbahn eines Objekts verfolgt, das schließlich in Zagreb abstürzte". Von der kroatischen Hauptstadt aus bis zur ukrainischen Grenze sind es Luftlinie mindestens 550 Kilometer.

Das Portal "index.hr" zitierte den ehemaligen Chef des Zivilschutzes der Stadt Zagreb, Pavle Kalinic, der meinte, dass es sich bei dem Objekt um eine Fernaufklärungs-Drohne vom sowjetischen Typ Tupolew M-141 gehandelt haben könnte. Dieses Fluggerät hat eine Reichweite von 1000 Kilometern.>>> Die aktuellen Ereignisse des Ukraine-Krieges im Liveticker

(APA/DPA)

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