Energiepreise

Energiegipfel: Jene entlasten, „die es am meisten brauchen“

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Die Bundesregierung beriet mit Wirtschaftsforschern und den Spitzen heimischer Energiekonzerne über Maßnahmen gegen steigende Energiepreise. In den kommenden Tagen sollen „zielgerichtete“ Hilfen ausgearbeitet werden.

Wien. Der Energiegipfel, zu dem Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntag ins Bundeskanzleramt geladen hatte, ging vorerst ohne konkretes Ergebnis zu Ende. Doch er soll als Grundlage für weitere Maßnahmen der Regierung dienen, die in den kommenden Tagen umgesetzt werden sollen. Darüber hinaus wurden bei dem Gipfel Strategien für die Energiesicherheit Österreichs besprochen. Hier ein Überblick:

Energiegipfel

„Wir alle sehen, wie die Teuerung das Leben der Menschen erschwert. Der heutige Faktencheck war wichtig, um realistische Einschätzungen über die Entwicklung der nächsten Wochen und mögliche Gegenmaßnahmen zu bekommen“, erklärte Nehammer nach dem Gipfel in einer Aussendung.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) betonte, dass vor allem die „besonders betroffenen Menschen in der angespannten Situation bestmöglich zu unterstützen“ seien. Jene müssen im Zentrum des Schutzes stehen, „die es am meisten brauchen“.

Davor kündigte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bereits in der ORF-„Pressestunde“ eine zielgerichtete Entlastung der Bürger an. Zu einer generellen Steuersenkung äußerte er sich zurückhaltend. „Da bin ich sehr skeptisch, Besserverdienende würden mehr entlastet“, sagte Brunner. Vielmehr wolle er die Mehreinnahmen aus Mehrwert- und Mineralölsteuer „Bürgern und Unternehmen zurückgeben“. Priorität habe für Brunner eine Senkung der Energieabgaben auf Erdgas und Strom.

Aber auch eine temporäre Senkung der Lohn- und Einkommensteuern oder der Sozialversicherungsbeiträge läge auf dem Tisch. Skeptisch äußerte sich der ÖVP-Finanzminister zu einer Verschiebung der CO2-Bepreisung. Sie soll mit 1. Juli starten. Er würde ungern das Steuerreformpaket aufschnüren, sagte Brunner und verwies auf den regionalen Klimabonus, der unterm Strich zu einer Entlastung führe.
An dem Treffen im Bundeskanzleramt nahmen neben Nehammer, Kogler und Brunner auch Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Gabriel Felbermayr, Vorstand Bernhard Painz (AGGM Austrian Gas Grid Management), Generaldirektor Werner Steinecker (Energie AG), OMV-Konzernchef Alfred Stern, Generaldirektor Michael Strugl (Verbund), Vorstandssprecher Werner Szyszkowitz (EVN), Vorstand Wolfgang Urbantschitsch (E-Control) und Generaldirektor Peter Weinelt (Wiener Stadtwerke) teil.

Spritpreis

Benzin und Diesel kosten an den heimischen Tankstellen längst weit mehr als zwei Euro. Daran änderte auch der zuletzt wieder gesunkene Ölpreis nichts. Schon fordern Politiker und Interessenvertreter eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Treibstoff. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte vergangene Woche die Mehrwertsteuer auf Diesel und Benzin, aber auch auf Gas und Strom bis Jahresende „gänzlich zu streichen“. Zudem solle „rasch und sofort“ ein Preisdeckel für Strom und Gas eingeführt werden.

ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold forderte Maßnahmen, „damit Mobilität in Österreich leistbar bleibt“. Der ÖAMTC-Chef tritt unter anderem für eine Senkung der Mineralölsteuer und eine Verschiebung der im Juli startenden CO2-Bepreisung ein. Darüber hinaus plädierte er für eine Erhöhung des Pendlerpauschales und des Kilometergelds.

Wirtschaftsforscher und Ökonomen äußerten sich hingegen skeptisch zu Steuersenkungen. Der liberale Thinktank Agenda Austria verwies darauf, dass die Spritpreise gemessen an den Einkommen in der Vergangenheit schon deutlich teurer waren als heute (siehe Grafik). Man müsse vor allem berücksichtigen, dass Autos mittlerweile weniger Sprit verbrauchen als früher. Die effektive Belastung sei mit Stand vom 7. März 2022 sowohl bei Benzin wie auch Diesel noch nicht auf dem Niveau von 2012 gewesen, betont die Agenda Austria.

„Statt in politischen Aktionismus zu verfallen und mit der Gießkanne das Geld der Steuerzahler zu verteilen, sollte die Politik einen kühlen Kopf bewahren und lieber zielgerichtet jene Haushalte stützen, die besonders stark betroffen sind“, sagt Agenda-Austria-Leiter Franz Schellhorn.
Auch die Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) und des Instituts für Höhere Studien raten von einer Steuersenkung bei Benzin und Diesel ab. Die Preissignale außer Kraft zu setzen, würde die Ziele, die Abhängigkeit von Öl und Gas sowie den CO2-Ausstoß zu reduzieren, konterkarieren, heißt es. Wichtiger wären zielgerichtete und dafür großzügige Hilfen für einkommensschwache Haushalte.

Länder reagieren

Längst beherrscht die Energiedebatte viele europäische Länder. Die Reaktionen sind aber sehr unterschiedlich. So lehnte etwa Deutschlands Finanzminister, Christian Lindner (FDP), eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer für Diesel und Benzin ab. „Wenn die Union eine sogenannte Spritpreisbremse fordert, dann muss sie sagen, was sie im Haushalt kürzen will“, sagte Lindner der Zeitung „Tagesspiegel“.
Hingegen will die französische Regierung ab April die Spritpreise um 15 Cent pro Liter senken. Im April findet dort die Präsidentenwahl statt.
Die irische Regierung wiederum will Lastwagenfahrern vorübergehend 100 Euro pro Woche zahlen. Man erkenne damit die Rolle der Betriebe an, „das Land am Laufen zu halten“, sagte der irische Verkehrsminister, Eamon Ryan.

(APA/Red.)

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