Ryan Reynolds: "Die Leichtigkeit kultivieren"

Ryan Reynolds Leichtigkeit kultivieren
Ryan Reynolds Leichtigkeit kultivieren(c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
  • Drucken

Lange war er nur der Ehemann von Scarlett Johansson. Jetzt macht Ryan Reynolds im Film "Buried" Furore, diese Woche wurde er von "People" zum "Sexiest Man Alive" gekürt. Ein "Presse"-Interview.

Sie spielen eine Rolle, in der Sie hauptsächlich liegen – in einem Sarg. Wie fühlt man sich, wenn man in einer Holzkiste liegt, in der man nichts mehr fühlen sollte?

Reynolds: Ich kann es nicht weiterempfehlen. Das ist verdammt ungemütlich.

Körperlich oder psychologisch gesehen?

Es hat mich umgehauen, wie körperlich anstrengend das Ganze ist. An meinem letzten Drehtag bin ich in diesem Sarg ziemlich böse zugerichtet worden. Als ich herauskam, hatte ich einiges an blauen Flecken zu verzeichnen und blutete. Damit hatte ich nicht gerechnet. Auf die emotionale Belastung war ich eingestellt. Ich gebe zu: Am Ende des Drehs war ich ziemlich fertig.

Haben Sie keine Klaustrophobie entwickelt?

Doch, das ist normal. Es gab während des Drehs schon die ein oder andere Szene, in der ich fast ausgerastet bin. Es ist ja nicht allein der Sarg, obendrauf wurden noch einige Hundert Kilo Sand geschüttet. Da denkt man schnell: „Du hast keine Kontrolle!“ Das ist für den Film die richtige emotionale Reaktion. Aber wenn man sich zu sehr hineinsteigert, dreht man völlig durch.

„Buried“ bedient eine ganze Liste von Ängsten: Angst vor dem Ersticken, vor Schlangen, vor Entführung, Isolation, Dunkelheit, Durst... Welches ist Ihre größte?

Diese Schlange hatte eher Angst vor mir. Aber ich habe leider die Panik meiner Mutter geerbt: Ich leide tatsächlich auch unter Klaustrophobie. Ich halte es nicht aus, wenn ich das Gefühl habe, in einer Falle zu sitzen.

Wie haben Sie sich wieder erholt?

Ich bin gleich danach fünf Tage auf Urlaub gefahren. Leider habe ich den Fehler gemacht, die Reise vor dem Dreh zu buchen. Ich hatte natürlich einen Strandurlaub gebucht. Dabei war Sand so ziemlich das Letzte, wonach mir der Sinn stand.

Was ist das Verrückteste, das Sie sonst für einen Job getan haben?

Mit achtzehn nach Hollywood zu fahren. Ich ging aufs College und stellte fest, dass das nicht das Richtige war. Noch am selben Nachmittag setzte ich mich ins Auto und fuhr Richtung Los Angeles. Ich hatte weder exmatrikuliert noch meinen Job gekündigt – ich bin einfach verschwunden.

Warum sind Sie aufgebrochen?

Am College hatte ich eine kleine Improvisationstruppe namens Yellow Snow gegründet. Es war toll, auf der Bühne in wenigen Minuten eine ganze Welt zu erschaffen. Dann merkte ich, dass ich am glücklichsten war, wenn ich Impro-Comedy machte. Also wollte ich in L. A. zu einer ganz berühmten Improvisationstruppe. Natürlich haben die mich nicht genommen.

Warum bringen Sie Leute gern zum Lachen?

Das liegt daran, dass ich in einem sehr angespannten Haushalt groß geworden. Meine ganze Familie besteht aus Polizisten. Auch meine drei Brüder sind alle bei der Polizei. Für die war ich schon als Kind eine Art mobile Zielscheibe. Mir lag also immer daran, einen Sinn für Leichtigkeit zu kultivieren, und es wurde zu meiner Art, mich zu verteidigen. Oder wenn irgend etwas Tragisches passiert war, konnte man den Schmerz in etwas Komisches verwandeln, dann ließ der Schmerz nach.

Wie hat es die Polizeifamilie aufgenommen, dass der Jüngste Schauspieler werden will?

Mit Vorbehalt. Aber sobald man etwas Erfolg in diesem Job hat, sind alle deine Freunde – sogar deine Familie.

Wie finden Sie die Tatsache, dass Sie gerade zum „Sexiest Man Alive“ gewählt wurden?

Es gibt ein hartes Casting dafür. Erst ein Interview, dann kommt die wichtigste Disziplin, das Schau-Duschen... Nein, im Ernst, keine Ahnung. So eine Liste ist letztendlich nur eine Albernheit. Wenn ich so etwas ernst nehmen würde, wäre mit mir etwas gar nicht in Ordnung.

Was ist Ihr bester Ehetipp?

Ich halte es mit dem alten Rat: reden, reden und nochmals reden. Ungesagte Dinge fermentieren oft zu dem Gift, an dem Beziehungen zerbrechen.

Kommen Sie mit dem Interesse der Paparazzi am neuen Super-Couple von Hollywood klar?

Natürlich muss ich mich bis zu einem gewissen Maß damit abfinden. Aber durch diese Branche hat sich viel verändert. Vor ein paar Jahrzehnten wollte man noch sehen, dass Clark Gable auf seiner Filmpremiere umwerfend gut aussieht. Heute würde es heißen: „Lasst uns versuchen, Clark Gable auf der Toilette zu erwischen!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.