Begeisterung und Betroffenheit im keineswegs vollen großen Saal für Dirigent und Konzerthaus-Ehrenmitglied Teodor Currentzis, Bratscher Antoine Tamestit und das SWR-Symphonieorchester.
Wieder einmal musste man Stück und Interpreten gegen den lauten Erfolg bei einem Teil des Publikums in Schutz nehmen: Bravo-Gebrüll nach Schostakowitschs fünfter Symphonie lässt zusammenzucken – zumal wenn die maschinelle Brutalität hinter dem D-Dur-Schluss so ungeschönt deutlich wurde wie diesmal, beim SWR Symphonieorchester unter Teodor Currentzis. Es sollte nicht Russlands Krieg gegen die Ukraine nötig sein, um das Sensorium dafür zu wecken, dass hier kein Sieg des Guten gefeiert wird. Hier triumphiert die Gewalt.
Quälend in die Höhe gejagte Trompeten sollten klar machen, dass die Menge dazu ungefähr so ehrlich und zwanglos jubelt wie am Beginn von Mussorgskys „Boris Godunov“. Dem Schema des „Per aspera ad astra“ gingen die Apparatschiks auf den Leim, bei denen sich Schostakowitsch mit diesem Werk 1937 rehabilitieren wollte und konnte – nach seiner ersten offiziellen Maßregelung wegen Sünden wider die künstlerische Doktrin des Sozialismus. Hinter diesem Potemkinschen Dorf verbirgt sich die Kunde von Gewissensnöten und Todesangst, einem schaurig-grotesken Tänzchen mit dem „System“, von Melancholie und Verzweiflung, diesmal voll beklemmender Pianissimo-Intensität.