Energiepolitik

Die Baustellen der Leonore Gewessler

Zu still. Opposition und Industrie werfen Leonore Gewessler in der Krise fehlende Kommunikation vor.
Zu still. Opposition und Industrie werfen Leonore Gewessler in der Krise fehlende Kommunikation vor. (c) AFP via Getty Images
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Die Gas-Krise wirft ein Schlaglicht auf die „schlechte Energie“ der Koalition. Denn es fehlen mehrere Gesetze, die gerade jetzt nötig wären – etwa um den Gasverbrauch zu reduzieren oder schneller Ökostromkraftwerke zu bauen.

Es ist still geworden um die grüne Super-Ministerin. Vor Kurzem noch konnte Leonore Gewessler nach dem ersten Abflauen der Pandemie wieder mit ihrem Thema Klimaschutz punkten. Doch jetzt, in der schwersten Energiekrise seit Jahrzehnten, ist von der Auch-Energie-Ministerin wenig zu hören.

Dabei hätten ihr die Explosion der Gaspreise und der Ukrainekrieg in die Karten spielen können: Schlagartig wurde der Öffentlichkeit klar, wie teuer Öl und Gas über Nacht werden können und wie gefährlich die Abhängigkeit von fossilen Lieferanten der Marke Wladimir Putin ist. Zwar trommelt die Ministerin weiter lautstark für den Umstieg auf erneuerbare Energie und schießt Fördermilliarden nach, doch gleichzeitig muss sie im Nahen Osten nach neuen Gaslieferanten suchen, staatliche Gasreserven einlagern, mit Steuergeld steigende Preise an der Tankstelle dämpfen – und stillhalten, wenn Wirtschaft und Industrie wieder lautstark die Verschiebung der CO2-Bepreisung fordern. Zudem lassen all die Gesetze, die die Energiewende moderieren sollen, lang auf sich warten. Und: Es werden Zweifel laut, wie gut die Ministerin Krise kann.

Denn: Fünf, sechs Wochen könnte das Land mit den vorhandenen Gas-Reserven noch auskommen, warnen Unternehmen. Aber dann? Kommt kein russisches Gas nach, drohe die Rationierung der Vorräte durch das Ministerium. Dass Haushalte und kritische Infrastruktur zuerst bedient würden, ist klar. Aber vollkommen unklar ist noch, welche Industriebetriebe zuerst von der Versorgung abgeschnitten würden. „Es wäre ein unschätzbarer Vorteil, endlich zu erfahren, wie die Gasvorräte im Ernstfall verteilt werden“, sagt Ottakringer-Chef Sigi Menz. Immerhin würden Unternehmen aufgefordert, selbst zusätzliches Gas zu beschaffen, das der Staat im Ernstfall ohne Entschädigung beschlagnahmen könnte. „Wir vermissen klare Aussagen von der Ministerin“, so Menz.

Jetzt räche es sich, dass die Ministerin große Betriebe wie die OMV stets links liegen gelassen habe, „weil sie nichts mit fossiler Energie zu tun haben wollte“, heißt es dazu aus der Opposition. Und auch der Regierungspartner hakt bei der Kritik ein: „Jetzt zeigt sich, dass das Ressort zu umfangreich ist. Die Energieagenden sollten besser zur Wirtschaftsministerin wandern“, sagt der ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager. Und nennt das Energieministerium eine „Fehlkonstruktion“. Alois Schroll, SPÖ-Energiesprecher, sieht Österreich vor allem im Vergleich zu Deutschland schlecht dastehen: Dort gebe es bereits Details zum Notfallplan. Und: „Deutschland hat jetzt die Zeit genutzt, um die Gaslieferung aus Russland zu reduzieren – von 55 auf 40 Prozent aller Importe. In Österreich liegt der Anteil unverändert bei 80 Prozent. Warum?“

Das Ministerium versichert indessen, dass die Notfallpläne bereits vorlägen. Und Lukas Hammer, Klimaschutz- und Energiesprecher der Grünen, erklärt, dass man bereits weiter in die Zukunft blickt: „Im Herbst wird der Gaspreis weiter hoch sein und die Ministerin hat außerhalb der Energielenkung keine Möglichkeit, den Energieversorgungsunternehmen anzuschaffen, Gas einzukaufen und zu lagern“ – das sei ein Problem. Die Bundesländer müssten ihre (landeseigenen) Energieversorger anweisen, mit einem Vorrat in den Winter zu gehen. Denn: „Unsere strategische staatliche Gasreserve ist nur für den Notfall.“ Gespräche dazu würden laufen. Dass man ganz aus dem russischen Gas aussteigt, ist für ihn übrigens keine Option: „Wir können schlicht nicht auf russisches Gas verzichten. Die Mengen, die wir solidarisch aus Europa bekommen können, reichen nicht aus – das wäre Realitätsverweigerung.“ Eine Haltung, die übrigens auch seine Bereichssprecher-Kollegen mehr oder weniger deutlich teilen.

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