London

„Partygate“: Das Bußgeld ist Johnsons kleineres Problem

Archivbild vom Amtssitz des britischen Premierministers, der Downing Street Nummer 10 in London.
Archivbild vom Amtssitz des britischen Premierministers, der Downing Street Nummer 10 in London.APA/AFP/NIKLAS HALLE'N
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Die Opposition fordert Rücktritt des britischen Premiers. Eine entscheidende Frage wird sein, wie der Premierminister auf den Vorwurf reagiert, er habe das Parlament angelogen.

Es ist ein trügerisch nüchternes Statement, das Downing Street 10 am Dienstag publizierte: „Der Premierminister und der Schatzkanzler sind heute benachrichtigt worden, dass die Metropolitan Police ihnen eine Buße verhängen wird.“ Damit ist die Partyaffäre schlagartig wieder zu einem ernsten Problem für Boris Johnson geworden: Die Polizei hat nun bestätigt, dass der Regierungschef während der Covid-Lockdowns das Gesetz gebrochen hat. Es ist eine Premiere: Noch nie zuvor wurde ein amtierender Premier für einen Gesetzesverstoß bestraft.

Rücktrittsforderungen ließen nicht lang auf sich warten. Die Meldung der Regierung folgte kurz nachdem die Londoner Polizei bekannt gemacht hatte, dass sie im Zusammenhang mit „Partygate“ 30 weitere Strafgelder verteilt habe. Sie ermittelt zu mehreren gesellschaftlichen Anlässen im Regierungssitz, die während der Covid-Einschränkungen stattfanden und damit illegal waren. Boris Johnson hatte wiederholt gesagt, dass er selbst an keinen unerlaubten Partys zugegen war. Die Aussage schien angesichts der Beweislage schon vorher eher gewagt – jetzt ist sie von Amts wegen widerlegt.

„Er muss gehen“

Oppositionschef Keir Starmer wie auch die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon riefen Johnson umgehend zum Rücktritt auf. „Die grundlegenden Werte der Integrität und des Anstands fordern, dass er geht“, sagte Sturgeon – und seinen Finanzminister solle er gleich mitnehmen.

Johnson denk trotz des Strafbescheids aber nicht an Rücktritt. "Ich will weitermachen und das Mandat erfüllen, das ich besitze", sagte Johnson am Dienstagabend. "Ich will die Probleme des Landes angehen." Er habe die Strafe bezahlt und entschuldige sich für Fehlverhalten.

Fragen, ob er Gesetze gebrochen habe, wich der Premier aus. Rückhalt erhielt er aus seiner Konservativen Partei. Johnson genieße ihre volle Unterstützung, twitterte Außenministerin Liz Truss.

Für Johnson könnte es jetzt dennoch kritisch werden. Eine entscheidende Frage wird sein, wie der Premierminister auf den Vorwurf reagiert, er habe das Parlament angelogen. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass dies normalerweise ein Grund ist, zurückzutreten. Johnson hat dem versammelten Unterhaus wiederholt versichert, dass keine Covid-Regeln gebrochen wurden – das scheint jetzt wie ein klarer Fall von Irreführung.

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