Missbrauch in Kirche: Zwei Drittel der Täter geweihte Priester

Missbrauch Kirche Mehrheit Taeter
Missbrauch Kirche Mehrheit Taeter(c) AP (MATTHIAS RIETSCHEL)
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Die unabhängige Plattform für Betroffene kirchlicher Gewalt präsentierte eine Studie über bisherige Opferberichte. Die Verfasser orten ein "Versagen der Institution katholische Kirche".

Die unabhängige Plattform für Betroffene kirchlicher Gewalt hat die bisher eingelangten Meldungen über Missbrauch statistisch ausgewertet. Die Hotline hat seit März 325 Betroffene betreut. Aus deren Berichten geht hervor, dass die Mehrheit der Täter geweihte Priester und die häufigsten Tatorte katholische Internate und Heime waren. Angesichts der Zahlen könne man auch nicht von einzelnen "schwarzen Schafen" sprechen, sondern von einem "Versagen der Institution katholische Kirche", kritisierte Psychologe Philipp Schwärzler, Verfasser des Berichts der Plattform, der am Mittwoch präsentiert wurde.

Es sei jahrelange Praxis gewesen, auffällig gewordene Priester einfach zu versetzen. Dass "Missbraucher eine Jobgarantie" bei der Kirche hatten, sei ein "zutiefst bedrückendes Resümee", sagte Schwärzler. Der Psychologe nannte drei Ursachen für den kirchlichen Missbrauch, allen voran die grundsätzliche Haltung der katholischen Kirche zur Sexualität. Diese sei "per se eine Basis für Perversion".

Als Grund für Gewalt sieht Schwärzler auch den Ausschluss der Frauen von Leitungsfunktionen in der Kirche. Diese wären nämlich ein Korrektiv zur männerdominierten Gewalt. Zudem habe die autoritäre Grundstruktur der Kirche das bisherige Vertuschen möglich gemacht. Der Umgang mit Missbrauchsfällen sei jahrelang nur auf Verteidigung ausgerichtet gewesen, meinte der Rom-kritische Pfarrer Rudolf Schermann.

Und es sei der jetzige Papst gewesen, der als Kardinal einen Erlass verfasst habe, wonach Missbrauchsfälle nicht nach außen getragen werden dürften und absolute Diskretion einzuhalten sei, um das "Prestige der Kirche zu retten", so Schermann. Er bezeichnete die katholische Kirche als "Diktatur", mit deren Führung viele Priester nicht einverstanden seien.

Die Berichte der Opfer haben ergeben, dass die Mehrheit der Täter geweihte Priester - 264 von 422 bzw. 63 Prozent - und die häufigsten Tatorte mit 55,8 Prozent katholische Internate und Heime waren. Der Großteil der Misshandlungen (79,5 Prozent) ereignete sich zwischen dem 7. und dem 14. Lebensjahr der Opfer. Mit 59,7 Prozent betreffen die meisten Fälle die 60er und 70er Jahre. Oberösterreich ist mit 73 Meldungen der Spitzenreiter, dicht gefolgt von Wien mit 72 Meldungen und Niederösterreich mit 68.

(APA)

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