Finnland und Schweden wollen Mitglied der Nato werden. Was sind die Folgen? Und: Ist es auch ein gangbarer Weg für Österreich? Diskutieren Sie mit!
Im Gleichschritt stellten Finnland und Schweden diese Woche einen offiziellen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft. Vor allem für Schweden, wo die Neutralität eine sehr lange Tradition hat, geht damit eine Ära zu Ende, berichtet unser Korrespondent André Anwar. Das bislang ebenso neutrale Finnland teilt eine mehr als 1300 Kilometer lange Grenze mit Russland.
Wie zu erwarten war, reagierte Moskau empört und droht mit „weitreichenden Konsequenzen“. Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow rechnet mit einer radikalen Veränderung der globalen Situation.
Der Großteil der Nato-Staaten hat Finnland und Schweden eine rasche Aufnahme in Aussicht gestellt. Widerstand kam lediglich aus der Türkei, die sich als Vermittler im russischen Krieg gegen die Ukraine positioniert. Sie ist es auch, die den offiziellen Beginn der Beitrittsgespräche blockierte. Warum das so ist, dem ist unsere Korrespondentin Susanne Güsten nachgegangen.
Finnland und Schweden sind der EU 1995 beigetreten, ebenso wie Österreich. Soll Wien nun auch einen Nato-Beitritt anvisieren? Auch hierzulande gibt es Stimmen, die letzteren fordern, etwa Gunther Fehlinger in einem „Presse"-Gastkommentar. Die Nato-Befürworter sind allerdings eine kleine Minderheit, wie auch Meinungsumfragen zeigen: Laut aktuellen Daten sprechen sich nur 14 Prozent der Österreicher dafür aus
Dass sich in der Sicherheitspolitik etwas ändern muss, dem stimmen wohl deutlich mehr zu. In einem offenen Brief fordern zahlreiche Fachleute und Prominente eine breit angelegte Diskussion. Unter ihnen auch Irmgard Griss und Veit Dengler. In einem Gastkommentar schreiben sie: „Österreich wurde so neutral, dass es, anders als die ebenfalls neutrale Schweiz, darauf vergaß, sich ausreichend um die Sicherung seines eigenen Fortbestands zu kümmern. Die österreichische Neutralität wurde in all den Jahrzehnten nie auf ihre aktuelle Zweckmäßigkeit überprüft, sondern unter der Hand zum unantastbaren Mythos."
„Österreichs Staatsspitze findet es nicht einmal der Mühe wert, die Umwälzung der Sicherheitsordnung zu analysieren“, kritisiert „Presse"-Außenpolitikchef Christian Ultsch in einem Leitartikel. Er ortet „Denkfaulheit im neutralen Österreich“. Dabei habe der russische Überfall auf die Ukraine alles geändert.
Wolfgang Böhm, Leiter des Europaressorts der „Presse“ sieht in einer Analyse eine Verlagerung von Europas Sicherheitspolitik Richtung Nato. Österreich werde dadurch zunehmen isoliert: „In der EU bleiben als einzige neutrale Verbündete Malta und Irland übrig, mit ganz anderen geopolitischen Herausforderungen und Interessen."
(sk)
Diskutieren Sie mit: Wie stehen Sie zu einem Nato-Beitritt der Finnen und Schweden? Wie wird Russland reagieren? Und: Was bedeutet die Nato-Erweiterung für Österreich und Europa?
(Anm. Der Diskussionsartikel stammt ursprünglich vom 16.5. und wurde am 18.5. aktualisiert)