Großbritannien

Boris Johnsons hektischer Ruf nach einem "Schlussstrich"

Boris Johnson will bei der Kabinettssitzung am Dienstag Handlungsfähgigkeit zeigen.
Boris Johnson will bei der Kabinettssitzung am Dienstag Handlungsfähgigkeit zeigen.APA/AFP/POOL/LEON NEAL
  • Drucken

Vier von zehn Abgeordneter seiner eigenen Fraktion hatten ihm das Misstrauen ausgesprochen. Premier Johnson gibt sich ungerührt. Er will die Debatte rasch beenden. Ob ihm das gelingt, ist fraglich.

Der britische Premierminister Boris Johnson will nach dem überstandenen Misstrauensvotum in seiner eigenen Fraktion die Debatte über seine politische Zukunft beenden. "Wir sind jetzt in der Lage, einen Schlussstrich zu ziehen unter die Fragen, mit denen sich unsere Gegner beschäftigen wollen", sagte der konservative Regierungschef am Dienstag in London zu Beginn einer Kabinettssitzung. Er wolle sich nun voll darauf konzentrieren, wie das Land vorangebracht werden könne.

Ob das gelingen wird, ist fraglich. Zwar konnte Johnson einem Sturz durch die eigene Partei bei der Abstimmung am Montagabend entrinnen, doch seine Autorität ist schwer beschädigt. 211 konservative Abgeordnete stimmten für ihn, 148 Tory-Abgeordnete verweigerten ihm das Vertrauen. Der Premierminister, der zugleich Parteichef der Konservativen ist, hat damit mehr als 40 Prozent seiner eigenen Abgeordneten gegen sich.

Misstrauensvotum nur einmal in zwölf Monaten möglich

Zwar ist nach den Regeln der Konservativen Partei ein Misstrauensvotum erst nach zwölf Monaten wieder möglich, doch die nächste Krise bahnt sich schon an. Am 23. Juni muss in zwei englischen Wahlbezirken eine Nachwahl abgehalten werden. In beiden Fällen mussten konservative Abgeordnete zurücktreten. Die Opposition hat gute Aussichten auf einen Erfolg. Dann dürfte der Druck auf den Premier wieder steigen. Johnson war vor allem wegen Verstößen gegen strikte Kontaktbeschränkungen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie und Lockdown-Partys an seinem Amtssitz unter Druck geraten.

Der frühere Parteichef der britischen Konservativen, William Hague, forderte Johnson am Dienstag zum Rücktritt auf. Der Regierungschef habe nicht mehr die Autorität, um seine Partei und das Land zu führen, schrieb der ehemalige Außenminister in einem Beitrag für die Tageszeitung "The Times" (Dienstag). Hague schrieb zum Abstimmungsergebnis mit 40 Prozent Ablehnung: "Tief im Inneren sollte er das erkennen und sich darauf einstellen, einen Ausstieg zu finden, der sowohl der Partei als auch dem Land solche Qualen und Unsicherheiten erspart." Johnson selbst hatte nach der Abstimmung am Montag von einem "guten Ergebnis" gesprochen. Damit könne die Regierung nun den Streit um seine Führungsrolle hinter sich lassen. Hague stand glücklos an der Spitze der britischen Konservativen als Oppositionsführer von 1997 bis 2001. Später war er Außenminister.

Vor Beginn der Kabinettssitzung hatte Johnson beteuert: "Dies ist eine Regierung, die das leistet, was den Menschen in diesem Land am meisten am Herzen liegt. Wir stehen auf der Seite hart arbeitender Briten und werden mit der Arbeit fortfahren."

(APA/dpa/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

BRITAIN-POLITICS-CONSERVATIVE
Großbritannien

Boris Johnson schlittert in die nächste Krise

Nach gewonnener Vertrauensabstimmung behauptet der Premier, die Party-Affäre sei vorüber. Aber so einfach ist es nicht: Der Widerstand in den eigenen Reihen ist groß.
Misstrauensvotum in Großbritannien

Johnson entgeht dem Königsmord

Der Premierminister hat ein Vertrauensvotum seiner konservativen Partei überstanden – allerdings stimmten viele Abgeordnete gegen ihn. Das wird ihm Probleme bereiten. Ist dies der Anfang vom Ende der Ära Johnson?
Großbritannien

Boris Johnson übersteht Misstrauensvotum

Der Antrag, dem britischen Premier das Misstrauen auszusprechen, findet keine Mehrheit. Das teilt das zuständige Parteikomitee mit.
Schon um die Mittagszeit haben sich am Montag vor Downing Street 10 Medienvertreter in Stellung gebracht.
Großbritannien

Parteiinternes Misstrauensvotum gegen Boris Johnson

Der konservative Politiker steht weiter wegen Lockdown-Partys in seinem Amtssitz stark unter Druck. Er selbst sieht das Misstrauensvotum seiner Partei am Montagabend als Chance, die Affäre hinter sich zu lassen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.